: Zweite Wahl, erster Platz
Afrika-Cup Spätestens nach dem Finalsieg gegen Ägypten genießt Trainer Hugo Broos Heldenstatus in Kamerun. Trotz etlicher Absagen führte der Belgier das Team wieder nach oben
„Wir wussten, dass wir den Titel gewinnen können, als wir im Viertelfinale Senegal aus dem Weg geräumt hatten. Das war ja bis dahin das beste Team bei diesem Turnier“, meinte nach Abpfiff Nicolas Nkolou. Der Verteidiger von Olympique Lyon war einer jener Spieler, der vor dem Turnier wenigstens einigen Experten der afrikanischen Fußballszene ein Begriff gewesen war. Beim größten Teil des Kaders, den der 64-jährige Belgier Hugo Broos berufen hatte, mussten selbst die Fachleute passen. Sie kannten die Spieler nicht.
Broos hatte den Job des Nationaltrainers im Februar 2016 übernommen, Kameruns Team lag zu jener Zeit nach bösen Misserfolgen am Boden. Unter dem Deutschen Volker Finke hatte es eine desaströse WM 2014 mit drei Vorrunden-Niederlagen gesetzt, kaum besser lief es beim Afrika-Cup 2015. Wieder scheiterte Kamerun in der Vorrunde als Gruppenletzter – anschließend musste Finke gehen. Nach einem Übergangsjahr mit einem einheimischen Interimstrainer übernahm Broos und räumte erst einmal auf. „Ich bin in ganz Europa rumgefahren und habe Spieler gesammelt, die für Kamerun spielen können“, berichtete er. Die Enttäuschung kam dann in den letzten Dezember-Tagen 2016, als gleich acht fest eingeplante Europa-Legionäre für den Cup absagten. Darunter Eric-Maxim Choupo-Moting vom FC Schalke 04 und Liverpools Top-Verteidiger Joel Matip.
„Ich denke, dass sie ihre Absage jetzt bereuen“, meinte Broos nach dem Finale ganz nüchtern. Nachlaufen will er den vermeintlichen Stars nun nicht mehr: „Vier Monate lang habe ich ihnen hinterhertelefoniert. Jetzt werde ich nicht mehr auf den Knien rutschen“, so der Belgier.
Der Coach ist jetzt der Held in Kamerun. Broos, der es als Innenverteidiger des RSC Anderlecht in den 70ern auf über 300 Spiele in Belgiens Erster Liga gebracht hatte, war auch als Trainer nicht aus seiner Heimat weggekommen. Er coachte den FC Brügge, Anderlecht und KRC Genk, viermal wurde er belgischer Trainer des Jahres. Disziplin und Mannschaftsgeist waren stets die Tugenden, die er seinen belgischen Vereinsmannschaften einimpfte und mit denen er nationale Erfolge feierte. Für internationale Ansprüche oder gar Weltklasse-Bekanntheitsgrad hatte es nie gereicht.
Erst 2011 zog es ihn weg, Broos machte erste Auslandserfahrungen als Klubtrainer auf der Arabischen Halbinsel. Der Triumph mit Kamerun könnte für ihn der Beginn eines neuen erfolgreichen Kapitels werden. Schließlich folgen für die Löwen extrem ereignisreiche Monate auf der höchsten Ebene der internationalen Fußballwelt: Zunächst im kommenden Sommer der Confederations-Cup mit den drei Gruppengegnern Chile, Australien und Deutschland. Im August dann zwei entscheidenden Qualifikationsspiele für die WM 2018 gegen Nigeria. Und nach der WM richtet Kamerun im Januar 2019 selbst den Afrika-Cup aus.
Ein Trainer im Fokus der Weltöffentlichkeit. Broos hat allerdings eigentlich andere Verpflichtungen: „Ich will nicht auf der Trainerbank sterben. Ich habe meiner Frau versprochen, im Februar zurück nach Hause zu kommen.“ Aber ob sie in Kamerun ihren neuen Helden jetzt einfach so gehen lassen?
Olaf Jansen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen