Zweite Bundesliga: 1. FC Union Berlin in modisch neuen Kleidern
Die eisernen Kicker werden politisch korrekt und neu angezogen.
Der 1. FC Union kleidet sich ab der kommenden Spielzeit neu ein. Die Eisernen aus Köpenick, momentan noch in den Kampf um den Klassenerhalt in der 2. Fußball-Bundesliga verstrickt, wechseln den Ausrüster. Die Partnerschaft mit dem Trikothersteller Doyoufootball aus Hamburg wird beendet, dafür kommt Uhlsport aus dem schwäbischen Balingen.
Business as usual im kurzlebigen Profigeschäft, könnte man meinen. Darauf lassen zunächst auch die Lobeshymnen der Verantwortlichen schließen. Union-Geschäftsführer Oskar Kosche preist den Deal als weiteren Schritt, um den Köpenicker Club im Profi-Business zu etablieren. "Neben der inhaltlichen Übereinstimmung stoßen wir auch wirtschaftlich in eine neue Dimension vor", verkündet der studierte Betriebswirt und frühere Union-Torhüter.
Die vertraglich fixierte Laufzeit über vier Jahre lässt nicht unbedingt darauf schließen, dass es sich bei der Geschäftsbeziehung zwischen Union und Uhlsport um eine branchenübliche Vereinbarung handelt. "Vier Jahre sind ungewöhnlich", sagt Sportpromoter Andreas Geser.
Man wolle nicht nur die Ausrüstung liefern, fügt der Leiter der Sportpromotion von Uhlsport Deutschland hinzu. "Wir wollen mehr Themen kreieren, die auch in andere Bereiche hineingehen." Uhlsport möchte Akzente setzen in den Sparten Soziales und Ökologie, das Ganze versehen mit einem Touch Deutschsein, was seit dem Weltmeisterschaftsmärchen von 2006 einen durchaus positiven Touch erhalten hat. Für diese PR-Mixtur aus Tradition und Moderne sucht Uhlsport seit Jahren geeignete Sportpartner zwecks Imagetransfer, die auch noch soziales Handeln und ökologisches Bewusstsein in sich vereinen. Nach eingehender Marktanalyse gelangte Union auf den Uhlsport-Radarschirm.
Geser gerät ins Schwärmen, wenn er von den Eisernen spricht. "Union ist kein 08/15-Verein", lobt Sportpromoter Geser, "sondern irgendwie unkonventionell, irgendwie anders." Irgendwie kein Club von der Stange für einen Ausrüster, der nach dem Besonderen sucht.
Aber wie füllt man diese gespürte ideelle Nähe zu dem Verein und dem unorthodoxen Anhang mit Leben? "Es gibt unkonventionelle Themen, die mit Union realisierbar sind", versichert Geser, der für die nächsten Wochen Gespräche zwischen Uhlsport und dem Union-Marketing ankündigt.
Sozial und ökologisch soll die Ehe werden, schwebt dem Uhlsport-Mann vor. Die Firma aus Balingen unterstützt bereits SOS-Kinderdörfer in Südafrika und engagiert sich im Kampf gegen Aids. Sie achtet darauf, dass Rohstofflieferanten soziale und ökologische Mindeststandards einhalten. Und mit dem "Progressiv Trikot", einem aus geschredderten PET-Flaschen hergestellten Recycling-Fußballdress, haben die Balinger den Markt aufhorchen lassen.
Was hält die Union-Basis vom neuen Geschäftspartner? "Ich glaube, dass solche Projekte zur Entwicklung passen, die Union in den letzten Jahren genommen hat. Wir haben offene Auge und offene Ohren für solche Themen", erklärt Stefan Hupe, ein altgedienter Eisernen-Fan. Hupe verweist auf die Arbeit der AG Soziales, die die Fan- und Mitgliederabteilung seit Jahren durchführt.
An diese Union-Tradition will Uhlsport ab der kommenden Spielzeit anknüpfen. "Wichtig wäre es, wenn die Projekte von Uhlsport einen regionalen Bezug hätten", sagt Union-Fan Hupe. Bleibt abzuwarten, wie dieser Spagat zwischen Balingen und Berlin gelingt.
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