Zweifelhafte Vermarktungsstrategie: Bares Geld für Stromsparer
Bundesweit belohnen zwei Stromanbieter Kunden mit Geldprämien, die ihren Stromverbrauch nachweislich verringern. Verbraucherschützer sehen die neue Vermarktungsstrategie mit Skepsis.
Wer weniger Strom verbraucht als im Vorjahr, der bekommt dafür bares Geld ausgezahlt. Das ist die neue Marketingidee, mit der inzwischen zwei Stromanbieter bundesweit um Kunden werben. Einer davon ist die Energiegut GmbH. Hinter dem Unternehmen stehen 20 Stadtwerke und Regionalversorger. Energiegut bietet seinen Tarif bundesweit an: Wer seinen Verbrauch um mindestens 5 Prozent gegenüber dem Vorjahr senkt, bekommt eine Prämie von 10 Euro. Wer mindestens 10 Prozent spart, bekommt 20 Euro. So geht es weiter bis zu 70 Euro bei Einsparungen von mindestens 35 Prozent. Der Spartarif wird ausschließlich für Privatkunden und nur für Stromabnehmer mit Eintarifzähler angeboten, nicht für Stromkunden, die einen vergünstigten Nachttarif nutzen, und auch nicht für Betreiber einer elektrischen Wärmepumpe.
Erstmals seit 1993 ist der Stromverbrauch in Deutschland im vergangenen Jahr leicht zurückgegangen. Einschließlich der Netzverluste und des Eigenverbrauchs der Kraftwerke wurden im letzten Jahr 616,6 Milliarden Kilowattstunden verbraucht - ein Rückgang um 0,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft nennt als Gründe die rückläufige Konjunkturentwicklung sowie das wachsende Energiebewusstsein der Verbraucher. Zugleich war die Stromerzeugung in Deutschland im Jahr 2008 mit 639,1 Milliarden aufgrund des Booms der erneuerbaren Energien so hoch wie nie zuvor. Das führte zu einem Exportüberschuss in Rekordhöhe von 22,5 Milliarden Kilowattstunden. Rechnet man die Auswirkungen des kalten Winters heraus, verbesserte sich die Effizienz um 1,3 Prozent.
Als zweiter bundesweiter Anbieter fördert nun auch die Firma GrünHausEnergie GmbH das Stromsparen durch eine Geldprämie: Wer mindestens 100 Kilowattstunden gegenüber der Vorjahresabrechnung einspart, bekommt 10 Euro erstattet, wer 200 Kilowattstunden spart, erhält 20 Euro. Maximal werden 50 Euro erstattet.
Hinter der GrünHausEnergie mit Sitz in Mülheim an der Ruhr stehen das Handelsunternehmen Tengelmann und der Freiburger Energieversorger Badenova. Der Strom wird in allen Filialen von Kaisers und Tengelmann sowie im Internet angeboten. Der Strommix des Unternehmens besteht komplett aus erneuerbaren Energien; neben dem Pflichtanteil deutschen Ökostroms nach dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz enthält er rund 80 Prozent österreichische Wasserkraft. In diesem Punkt unterscheidet sich GrünHausEnergie übrigens deutlich von Energiegut: Das Aachener Unternehmen weist gemäß den gesetzlichen Vorschriften einen Anteil von 15 Prozent erneuerbarem Strom, 25 Prozent Atomstrom und 60 Prozent fossile Energien aus. Das entspricht fast exakt dem deutschen Strommix.
Unterdessen sieht der Verbraucherzentrale Bundesverband solche Angebote mit Prämien für Stromsparer kritisch: "Als Marketinginstrument ist das zwar nicht verkehrt", sagt Energieexperte Holger Krawinkel, "aber die Logik ist nicht klar, weil die Sparprämien natürlich von den anderen Stromkunden bezahlt werden müssen." Zudem sei die Maximalprämie kaum zu erreichen. 10 Prozent Einsparung sind realistisch, aber 35 Prozent erreicht man kaum, sofern nicht jemand aus der Wohnung auszieht. Klarer sei im Vergleich dazu das Geschäftsmodell des Anbieters Nuon, der ebenfalls Stromsparen attraktiv machen will: Bei Nuon können Kunden eine Energiesparbox ("Sparmatik) zum Sonderpreis bestellen, die zum Beispiel Energiesparlampen, abschaltbare Steckdosen oder eine hocheffiziente Heizungspumpe enthält.
Bezahlen müssen die Kunden diese Box aber erst mit der nächsten Stromrechnung, also erst dann, wenn die Geräte sich zumindest teilweise schon amortisiert haben.
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