Zwei neue Datenschutz-Gesetze: Schäuble zieht die Notbremse
Das Kabinett reagiert auf die Datenskandale der vergangenen Monate und und beschließt zwei neue Gesetze zum Schutz der Verbraucher. Datenschützer begrüßen die Maßnahmen.
BERLIN taz Datendieben soll ihr illegales Handwerk erschwert werden; gleichzeitig bekommen Verbraucher mehr Einfluss auf die Verwendung ihrer persönlichen Daten. So sieht es das überarbeitete Bundesdatenschutzgesetz vor, das das Kabinett am Mittwoch verabschiedet hat.
Nach etlichen Datenskandalen in der letzten Zeit zieht die Bundesregierung mit dem neuen Gesetz die Notbremse. Als Reaktion auf die Skandale hatte Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) im September einen Datenschutzgipfel einberufen. Mit Experten aus Bund und Ländern hatte er sich damals auf viele der jetzt beschlossenen Maßnahmen geeinigt.
Wichtigste Neuerung im Gesetz ist die Abschaffung des sogenannten Listenprivilegs. Künftig ist die Weitergabe von Kundendaten nur noch mit ausdrücklicher Zustimmung der Betroffenen möglich. Bislang konnte etwa mit den Daten von Kundenkarten ein lukrativer, für den Verbraucher aber kaum zu kontrollierender Handel in Milliardenhöhe betrieben werden. Gemeinnützige und kirchliche Organisationen können weiterhin Daten kaufen, ohne Einwilligungen einzuholen.
Ein Kopplungsverbot soll zudem verhindern, dass Vertragsabschlüsse davon abhängen, ob Daten an Dritte weitergegeben werden dürfen. Außerdem ist vorgesehen, die Bußgelder auf bis zu 300.000 Euro zu erhöhen.
Verbraucher- und Datenschützer begrüßten den Entwurf grundsätzlich. "Die generelle Bewertung ist positiv", sagte der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar. Der Vorsitzende des Verbraucherzentrale Bundesverbandes, Gerd Billen, sprach von "einem sehr wichtigen Fortschritt". Wirtschaftsverbände kritisierten die neue Regelung scharf. Aus Rücksicht auf deren Interessen findet sich im Gesetz eine Übergangsfrist von drei Jahren. So lange kann mit alten Daten weiter Werbung gemacht und gehandelt werden. Schäuble sagte, die Ausnahme sei aufgenommen worden, um "unverhältnismäßige Belastungen zu vermeiden".
Mit einem zweiten Gesetz will die Bundesregierung ein freiwilliges Datenschutzsiegel schaffen. Firmen können dieses Siegel erwerben, wenn sie sich regelmäßig kontrollieren lassen. Doch der jetzige Gesetzentwurf ist unter Datenschutzexperten umstritten. Denn Firmen könnten bereits mit einem Gütesiegel werben, bevor sie überprüft wurden. Die Kontrolle müsse erst dann erfolgen, "sobald" die Arbeit der Kontrollstelle "es ermöglicht", heißt es in dem Gesetzentwurf.
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