Zuwanderungsgesetz: Appell an den Bundespräsidenten
Die Verschärfung des Zuwanderungsrechts führt zu massiver Kritik von Migranten. Diese halten es für diskriminierend.
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BERLIN taz "Das ist ein trauriger Tag für die Demokratie in Deutschland", kommentierte Kenan Kolat, Vorsitzender der Türkischen Gemeinde Deutschland die Verabschiedung des Zuwanderungsgesetzes am Freitag. Mit den neuen Verschärfungen seien "Grundrechte beschnitten und ethnische Diskriminierung beschlossen worden", sagte Kolat der taz. Gerade die Regelungen zum Familiennachzug hält er für verfassungswidrig, weil sie gegen den Grundsatz des Schutzes von Ehe und Familie verstießen. "Ich bitte den Bundespräsidenten, diese Gesetze auf ihre Verfassungswidrigkeit zu prüfen und nicht zu unterschreiben", sagte Kolat.
Das Gesetzespaket sieht vor, dass Ehepartner aus Nicht-EU-Staaten künftig nur nachziehen dürfen, wenn sie volljährig sind und zumindest einfache Deutschkenntnisse nachweisen können. Ausgenommen davon sind Zuzüge aus Ländern wie den USA, Australien oder Japan. Mit dieser Regelung sollen Zwangsehen bekämpft werden.
"Diese Verschärfung zeigt ganz deutlich, dass die Politik der Bundesregierung unglaubwürdig ist", kritisierte auch der Politikwissenschaftler Mounir Azzaoui, der Mitglied der Grünen ist. "Denn vor allem Türken und Muslime werden diskriminiert", so Azzaoui. Auch Bülent Arslan, Vorsitzender des Deutsch-Türkischen Forums der CDU in Nordrhein-Westfalen, kritisiert "die ungleiche Behandlung einzelner Zuwanderergruppen". Lale Akgün, SPD-Integrationsexpertin, befürchtet, dass mit den neuen Verschärfungen eine "ungewollt negative Atmosphäre erzeugt" wird.
Auch Bekir Alboga, Vorsitzender der türkisch-islamischen Union der Anstalt für Religion (Ditib), appelliert an Bundespräsident Köhler. "Ich wünsche mir, dass der Bundespräsident diese Verschärfung und Spannung abschafft und uns den Weg zum Gerichtssaal spart", sagte Alboga. Er hatte bereits zuvor gegen die Verschärfungen protestiert und gedroht, den Integrationsgipfel am kommenden Donnerstag zu boykottieren. Eine endgültige Entscheidung soll am Sonntag fallen. Kenan Kolat von der Türkischen Gemeinde ist noch unentschieden: "Wir beraten noch darüber, in welcher Form wir gegen die Gesetzesverschärfungen protestieren."
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