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Zustimmung zum Atom-KompromissGrüne beugen sich

Die Parteispitze der Grünen will dem Atomgesetz der Regierung nun doch zustimmen. Auf einem Sonderparteitag soll auch die Basis noch überzeugt werden.

Zustimmung mit Änderungswünschen: Noch sehen die Grünen Lücken im Atomkompromiss von Schwarz-Gelb. Bild: dpa

BERLIN dpa | Das wird der Basis nicht schmecken: Die Führung der Grünen will nach einem Zeitungsbericht ihre Partei für eine Zustimmung zum schwarz-gelben Atomausstieg gewinnen. Darauf hätten sich die Grünen-Fraktionschefs Renate Künast und Jürgen Trittin sowie die Parteivorsitzenden Cem Özdemir und Claudia Roth in einer Telefonschaltkonferenz geeinigt, wie die Rheinische Post am Freitag unter Berufung auf Parteikreise berichtet. Eine entsprechende Position solle in dem Leitantrag zum Sonderparteitag vorgestellt werden.

Demnach sei das von der schwarz-gelben Koalition beschlossene Ende für die Kernenergie im Jahr 2021/2022 die "bessere Alternative". Ursprünglich hatten die Grünen das Enddatum 2017 anvisiert. Bereits im Vorfeld signalisierten die Grünen, zumindest der Atomnovelle zustimmen zu können. Für den Sonderparteitag zum Atomausstieg am 25. Juni wird ein hartes Ringen vorhergesagt. Dann wird über den Leitantrag abgestimmt.

Unterdessen ist das Aus für die ersten acht Atomkraftwerke besiegelt. Auch RWE will nach Auslaufen des Atom-Moratoriums sein Kernkraftwerk Biblis B in Hessen nicht wieder anfahren. Das teilte RWE am Donnerstagabend in Essen mit.

Rechtlich wäre ein Anfahren der durch das Moratorium für drei Monate stillgelegten Meiler für einige Wochen möglich. Denn das Atomgesetz, das das dauerhafte Aus verfügt, wird nicht vor Mitte Juli vorliegen. Auch die anderen Kraftwerksbetreiber wollen den rechtlichen Schwebezustand bis zur Stilllegungsverfügung durch das neue Atomgesetz nicht zum Wiederanfahren ihrer Meiler nutzen.

Nach Angaben der Rheinischen Post will die Grünen-Spitze nur das Atomgesetz als Kern der Energiewende der Regierungskoalition unterstützen. Den übrigen Gesetzen zur Energiewende soll im Fall von bestimmten Korrekturen zugestimmt werden. Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist der Grünen-Führung nicht ehrgeizig genug.

Auch die SPD zieht mit

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier stellt die Zustimmung seiner Partei zum Atomausstieg ebenfalls in Aussicht. Auch die SPD lege dabei besonderen Wert auf die Förderung von erneuerbaren Energien. "Der Umstieg in erneuerbare Energien ist aber genauso wichtig wie der Ausstieg aus der Atomkraft", sagte Steinmeier der Passauer Neuen Presse.

Hier werde in den Bundestagsausschüssen noch mit der Koalition verhandelt. Die Bundesregierung beabsichtigte allerdings, den Windkraftausbau an Land zu erschweren. "Das wäre fatal. Wir könnten eine wichtige Ressource nicht heben, weil alte Anlagen nicht durch leistungsfähigere ersetzt würden", sagte Steinmeier. "Wenn es dabei bleibt, wird die SPD dagegen stimmen."

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12 Kommentare

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  • E
    edefault

    Also ist die grüne Parteispitze Frau Merkel auf den kunstvoll ausgegossenen taktischen Leim gegangen.

     

    Wann rotieren Frau Roth, Herr Trittin, Frau Künast und Herr Özdemir eigentlich endlich davon?

    Taktisches Palaver mit den Atomparteien, pfui Spinne.

     

    Was in Fukushima geschieht (es herrscht ganz offenbar Nachrichtensperre): Die Freisetzung von strahlenden Partikeln in einer Größenordnung, die alle vorangegangenen Atomkatastrophen _zusammen_ übersteigt.

    Wir lernen eine neue Einheit: hundert Tera-Bequerel!

     

    Jeder einzelne Tag der von Frau Merkel gewitzt geretteten AKW Laufzeiten ist einer zu viel.

     

    Und Energiewende ist anders! So ein verlogenes Pack ... fahren doch erst mal so weiter, wenden kommt später. Vielleicht. Oder Gerichtsurteile, weil Frau Merkel ihren Herrn Hennenhöfer geschickt ein paar Hintertürchen hat einbauen lassen.

     

    Ich habe die grüne Partei '79/80 u. A. mitgegründet, _weil_ es keine Anti-Atom-Partei gab. Das ist jetzt satte 31 Jahre her ... und erst meine Enkel sollen den Atomausstieg tatsächlich erleben - obwohl der _jetzt_, sofort, also ohne schuldhaftes Zögern, geboten ist.

     

    Ob sich die "Führung" von der Basis wohl noch eines Besseren belehren lässt? Noch hoffe ich darauf.

  • N
    NaBoHi

    Tschüss Hoffnung, es war schön mit dir.

  • VB
    Volker B.

    Das war ja klar. Sonst würde Schwarz-Grün auch zu schwer werden. Natürlich leugnet man das noch vor der Wahl, aber das wird dann mit viel simulierten Bauchschmerzen nach der Wahl nicht mehr gelten. Wie Hamburg und Moorburg, Jamaika im Saarland und jetzt S21.

    Da kann man auch gleich FDP wählen.

  • R
    rheinelbe

    Die neue Entwicklung kommt bald:

    Grüne schließen sich der CDU an

    und gehen in ihr auf!

     

    Damit ist der Marsch durch die Institutionen

    beendet ...

  • UF
    Ullrich F.J. Mies

    Die Grünen sind seit etwa Beginn der 80er Jahre eine grüne Umfallerpartei, die sich von den anderen neoliberalen Parteien nicht unterscheidet. Alle Schweinerein, deren Ergebnisse wir heute betrachten dürfen, fanden ihre Zustimmung.

     

    Im Gegensatz zu CDUSPDFDP ist es den Grünen gelungen, die Schimäre einer an den Bürgerinteressen orientierten Partei aufrechtzuerhalten. Das ist vor allem Propaganda.

     

    Was das so genannte Demokratieverständnis der Leitungsfiguren anbelangt, sind sie genauso verkommen (realistisch) wie die anderen Parteiführungen.

     

    Man lese nur den Vorspann zu diesem Beitrag:

    "Die Parteispitze der Grünen will dem Atomgesetz der Regierung nun doch zustimmen. Auf einem Sonderparteitag soll auch die Basis noch überzeugt werden.."

     

    Vor einigen Tagen hieß es noch, die Partei wolle ihre Zustimmung vom Votum des Parteitages abhängig machen. Jetzt heisst es "Führung" zeigen und die Basis "überzeugen".

     

    Wir brauchen neue Autoaufkleber:

     

    Parteien, nein danke!

  • M
    Mia

    PSSST, taz, sogar SpiegelOnline hat sein "Beugen" in der disbezüglichen Überschrift zu diesem Artikel kurzfristig abgeändert. Nachahmenswert.

  • W
    Waage

    Es gibt ja auch noch eine Enthaltung!

     

    Einerseits könnte man damit anerkennen, dass sich allein durch das Abschalten der 7(8) Altmeiler einiges bewegt hat.

    Andererseits könnte so auch Misstrauen und Wachsamkeit gegen eventuell immer mögliche "Rollen rückwärts" zum Ausdruck gebracht werden.

    Die Grünen also als "Gralshüter" und potentieller Beschleuniger des Atomausstiegs bei zukünftig eigener Regierungsbeteiligung.

    .

    Die Grünen haben zudem die Aufgabe dem entgegenzusteuern, dass sich letztlich nicht vor allem die 4 Großen bei dieser Nummer die Rosinen herauspicken.

    .

  • W
    Westberliner

    Ein Ausstieg muss bis 2015 stattfinden, so wie es Greenpeace fordert. Dass es möglich ist, dafür werden Belege vorgelegt. Auch der BUND bekräftigt dies.

     

    Die bürgerlichen Parteien haben aber ein anderes Ziel im Blickfeld. Da sind sich die CDU, CSU, FDP, SPD und Grüne mal wieder einig. Nur die Linken unterstützen mit ihrer Forderung 2014 Greenpeace und BUND und fordern eine Unumkehrbarkeit dadurch, dass der Atomausstieg ins Grundgesetz soll.

     

    Wenn man die letzten 9 Monate Revue passieren lässt, dann sieht man, welch widerliches Schauspiel wieder stattgefunden hat.

  • L
    Lobo

    Wahrscheinlich wird das Geschrei unter den "echten, wahren" Grünen nun losgehen. Prinzipienverrat etc. Aber ich finde es nur richtig, dass die Grünen diesen historischen Kompromis mittragen. "Konsens ist nonsens"? Immerhin politisch stabil und kaum zurückzudrehen. Sicherlich wäre auch mir ein schnellerer Ausstieg lieber gewesen, aber es geht halt nicht immer mit dem Kopf durch die Wand. Das ist vor allem eine Strategie für Dickschädel.

  • D
    Daniel

    Müsste die Überschrift nicht eher lauten: Grüner Vorstand empfiehlt Ja zum Atomkonsens - aber da ist wohl mal wieder der Grünenhass bei der Berichterstattung durchgegangen.

     

    Schade wie wenig Medien noch zwischen Bericht und Kommentar trennen können!

  • WA
    Wilhelm Achelpöhler

    Der BuVo schreibt in seinem Antrag:

     

    "Für uns Grüne ist der breite Konsens möglichst aller politischen Parteien im Bundestag für den Ausstieg aus der Hochrisikotechnologie Atom ein Wert an sich. Damit wird ein erneutes Aufbrechen der Vereinbarung politisch nahezu unmöglich. Die – vielleicht einmalige – Chance auf einen solchen politischen Kompromiss besteht jetzt, in diesem

    Moment nach Fukushima. Deswegen sind wir Grüne grundsätzlich bereit, die AtG-Novelle im Bundestag mitzutragen."

     

    Der Peinlichkeit dieser SonderBDK wird damit eine weitere hinzu gefügt:

    Schwarz-Gelb hat die Grünen nicht um die Zustimmung zum Ausstieg 2022 gefragt. Der Text hätte die Überschrift verdient: "Energiewende in Deutschland- Grün trabt hinterher! Die geradezu aufgedrängte Zustimmung der Grünen soll jetzt der Garant für die Unumkehrbarkeit des Aussteigs sein? Wäre es da nicht am besten, wenn auch die Anti-AKW Initiativen ab sofort ihre Tätigkeit einstellen,

    weil deren Zustimmung ja erst recht den Ausstieg absichern würde? Kein Wunder, dass die Initiativen eine Zustimmung als Affront empfinden.

    Statt "Atomkraft-Nein Danke!" heißt es jetzt: "Dabeisein ist Alles!"

     

    Aber vielleicht steckt ja auch ein Stück Wahrheit in der damit dokumentierten Sehnsucht nach einem breiten gesellschaftlichen Konsens, bei dem man auf Teufel komm raus dabei sein will.

     

    Von der politischen Gestaltungskraft hat dieser Antrag jedenfalls ein ähnliches Gewicht, als hätte der BuVo in seiner Nachtsitzung gefordert, dass heute wieder die Sonne aufgeht.

  • M
    Möpmöp

    Die Grünen werden immer mehr wie die FDP. Jetzt ist auch das Umfallen dazu gekommen...