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Zurück in die 70er

■ Al Stewart kam ins Moderne - ein Romantiker, der sich und seinen wiederkehrenden Themen treu geblieben ist

Wie weit entfernt sie ihm doch vorkämen, die 70er Jahre, meinte Al Stewart in einem der wenigen Song-Kommentare während seines Konzerts am Samstag im 'Modernes‘. Wo allerorten schon von der Musik der 90er geraunt wird, bemühte sich der schottische Songwriter und Sänger freilich nicht einmal um den Sprung in unser Jahrzehnt. Zwar präsentierte er einige Titel seines letzten Albums „The Last Days of the Century“, sensibel erzählte er kleine Geschichten von Gefühlen, musikalisch eingängig verpackt, getragen von Stewarts eindringlicher, wenngleich wenig modulationsfähigen Stimme.

Diese Songs („The King of Scotland“, „Bad Reputation“) schließen bruchlos an die Produktionen der 70er Jahre an, ohne freilich deren Intensität und textliche Brillanz zu erreichen. Es waren die Stücke aus seiner kurzen Phase als Megastar, auf die Stewart, die Erwartungen seiner arg geschrumpften Fan-Gemeinde aufnehmend, setzte: Lieder wie „On the Border“, „Time Passages“ und natürlich der damalige Superhit „Year of the Cat“. Ste

wart ist sich treu geblieben, ein Romantiker, der seine wiederkehrenden Themen, die Einsamkeit in den kalten Orten („Broadway Hotel“), die Unberechenbarkeit der Liebe und das Vergehen von Zeit in gefühlvolle, aber doch nur selten in die Nähe des Kitsches gelangende Songs umsetzt.

Die Verbindung von Elementen der britischen Folktradition mit den ausladenden Arrangements des Softrocks der 70er ist gekonnt, musikalisch zwar eher routiniert in Szene gesetzt, wegen der melodischen Vielfalt jedoch auch mehr als langweilig.

Der rasante kommerzielle Abstieg Stewarts, der als Songwriter den Vergleich mit heutigen Superstars wie Chris de Burgh nicht scheuen müßte, wird verständlich aus einer seltsam zurückgenommenen Bühnenpräsentation, die teilweise geradezu lustlos wirkte. Eine lebendige Beziehung zum Publikum konnte sich nicht entwickeln, sein Vortragsstil wirkte starr und bisweilen fast linkisch. Es schien nur konsequent, daß nach einer hastigen Zugabe ein früher Schlußpunkt gesetzt wurde. Johannes G. Panka

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