■ Zur fälligen Debatte um ein Gesetz für Homopartnerschaften: Der Streit fängt endlich an
Es geht eigentlich nur um gleiche Rechte; nicht um die Pflicht zu gleichen Lebensstilen oder Sexualitäten. Kommt die Rede jedoch auf homosexuelle Partnerschaften, dann geht es für die Union seit eh und je immer gleich um den Untergang des Abendlandes, mindestens um die Unterhöhlung des Grundgesetzes, das eine Privilegierung von Ehe und Familie fordert.
Jetzt hat das sozialdemokratisch geführte Justizministerium einen Gesetzentwurf angekündigt, der der Diskriminierung schwuler oder lesbischer, auf Dauer angelegter Zweierbeziehungen ein Ende setzen will. In einem ersten Schritt soll ein Paragrafenwerk vom Bundestag verabschiedet werden, das nicht vom unionsmitdominierten Bundesrat kassiert werden kann. Nicht berücksichtigt würden eventuelle steuerrechtliche Folgen (Ehegattensplitting, Erbschaftssteuer), dafür aber entscheidende Vorschriften: Zeugnisverweigerungsrecht, standesamtliches Jawort, Scheidungsregeln, Erbschaftsregeln, Unterhaltsrechte und -pflichten.
Bis Ostern sollen diese Reformen Gesetz werden. Wer nun die neuen Regelungen als „Ehe light“ diffamiert, verkennt die aktuellen gesellschaftlichen Mehrheitsverhältnisse. Was die SPD-Ministerin auf den Weg bringen will, ist eine Reform, die endgültig mit der Nazitradition deutscher Rechtspolitik brechen wird.
Dass dieses neue Institut nicht Ehe heißen wird, hat mit einem politischen Kalkül zu tun: Die konservativen Milieus in der Bundesrepublik, für die Homosexualität immer noch im Bereich des Pathologischen angesiedelt ist, sollen nicht provoziert werden. Schließlich sieht die CSU keinen Reformbedarf; Teile der CDU würden zumindest eine noch leichtere Variante als die vorgeschlagene befürworten; andere wiederum wollen die moralische Favorisierung von heterosexuellen Ehen auf gar keinen Fall angetastet sehen. Kurzum: Die Debatte hat endlich begonnen. Sie wird hart werden, weil schon bei allen anderen Reformfragen – Stichwort: § 218 – die Konservativen nie klein beigegeben haben. Dieser Streit ist wichtig, weil sonst die Reform gesellschaftlich nie mehrheitlich anerkannt werden wird. Demokratie heißt, eine Mehrheit vom eigenen Anliegen zu überzeugen. Der Streit geht endlich über das eigene Milieu hinaus. 30 Jahre nach Tilgung der Nazifassung des § 175 können Schwule und Lesben wirklich darum kämpfen, den Status gesellschaftlicher Parias zu verlassen. Jetzt geht es ums Ganze. Jan Feddersen
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