■ Zur Person: Heute Urteil zum „Fall Kalanke“
Fünf Monate nachdem die Quotenregelung im Bremer Öffentlichen Dienst vom Europäischen Gerichtshof für unzulässig erklärt wurde, entscheidet heute das Bundesarbeitsgericht in Kassel darüber, was das Luxemburger Urteil im konkreten Fall des Gartenbauingenieurs Eckhard Kalanke bedeutet. Der hatte 1990 dagegen geklagt, daß ihm bei einer Beförderungsrunde seine Kollegin Heike Glißmann vorgezogen worden war. Die „Einigungsstelle“ hatte sich damals ausdrücklich auf die gerade beschlossene Quotenregelung im Bremer Gleichstellungsgesetz bezogen, nach der Frauen bei gleicher Qualifikation solange bevorzugt werden müssen, bis sie die Hälfte der Beschäftigten einer Dienststelle ausmachen.
Die Entscheidung des Luxemburger Gerichtshofs war nötig geworden, weil das Bundesarbeitsgericht dort überprüfen lassen wollte, ob die Bremer Quote mit der Frauenförder-Richtlinie der EU in Einklang steht. Im Unterschied zum Bremer Arbeits- und Landesarbeitsgericht hielten die Kasseler Bundesrichter dies nicht für selbstverständlich.
Als Ergebnis der heutigen Verhandlung über den Fall Kalanke gibt es vier Möglichkeiten. Die wahrscheinlichste: das Bundesarbeitsgericht stellt fest, daß die Bremer Stellenbesetzung aufgrund eines unzulässigen Gesetzes geschah. Die umstrittene Stelle müßte dann neu besetzt werden – ob wieder mit Heike Glißmann oder mit Eckhard Kalanke oder gar erst nach einer neuen öffentlichen Ausschreibung, das müßte in Bremen entschieden werden.
Die Kasseler Richter könnten den Fall jedoch auch beim Bundesverfassungsgericht vorlegen, da die letzte Entscheidung bei der Stellenbesetzung damals von einer „Einigungsstelle“ getroffen worden war – und das ist nach neuer Karlsruher Rechtssprechung gar nicht zulässig. Möglich wäre auch eine erneute Vorlage des Falls beim Europäischen Gerichtshof in Luxemburg. Schließlich läßt dessen Urteil viele Fragen offen. Und schließlich könnte Kassel den ganzen Fall auch einfach zur neuen Beurteilung an das Bremer Landesarbeitsgericht zurückverweisen. Sicher ist aber in jedem Fall: Eckhard Kalanke wird vorerst der Untergebene von Heike Glißmann bleiben. Ase
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen