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■ Zur PersonHamburger gegen Stadtstaaten

Er kam, sah in die Runde beim „Frühlinks-Theater“der SPD am Samstag im Bremer Theater und fragte: „Was macht ihr, wenn das nicht verlängert wird?“Das sind die Sonderopfer der Solidargemeinschaft der Länder zur Sanierung Bremens. 1998 bekommt Bremen noch einmal 1,8 Milliarden, und dann? Dann gilt auch für Bremen das, was Henning Voscherau, Hamburgs erster Bürgermeister, für seinen Stadtstaat glasklar so formulierte: „Es gibt 3,5 Millionen Hamburger, aber nur 1,7 Millionen leben in Hamburg.“Das ist für Voscherau ein finanzpolitisches Problem, aber auch ein demokratisches: die Hälfte der Hamburger kann nicht demokratisch mitbestimmen, wie die Verkehrspolitik gestaltet wird, wie die Kultur ausgestattet wird, was aus den Krankenhäusern werden soll. Es gibt „kein gemeinsames demokratisches Regelungssystem“für dieses „Gemeinwesen, das seine Grenzen überschritten hat“. Hamburg hat seine engen Grenzen „um das Doppelte überschritten“, sagt Voscherau, „ich halte die Stadtstaaten in ihren engen Grenzen nicht mehr für nützlich.“Nützlich, das ist seine Kategorie, ganz unsentimental: „Wer Strukturen zum Selbstzweck erklärt, ist strukturkonservativ, und das bin ich nicht.“Voscherau, das ist ein typischer Norddeutscher. Kühl findet er: „Die schönste Tradition nützt den Bürgern nichts.“Henning Scherf, der Bremer Kontrahent Voscheraus, schwärmt von der „Nähe der Stadtstaaten-Demokratie“„Uns ärgert dieser Speckgürtel auch“, sagt Scherf, diese Mittelständler, diese guten Steuerzahler, die ins Grüne ziehen. Scherfs starkes Argument ist das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes. Da hätten die obersten Richter die Stadtstaaten als ein „Wunschkind der Verfassung“bezeichnet, erinnert Scherf. Voscherau kennt das Urteil. Aber das dicke Papier von damals „ist nicht die gesamte Realität“, kontert er. Auch das Bundesverfassungsgericht müßte das heute berücksichtigen. Die Bundesregierung hat ganz andere Sorgen als ausgerechnet für Bremen und das Saarland in Bonn neue Milliarden-Löcher aufzureißen, erinnert Voscherau: „Die Decke ist überall zu kurz. In die Tasche lügen nützt nichts.“ K.W.

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