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■ Zur EinkehrIm La Tertulia

Zwischen der frühlingshaften Milde des abendlichen Viertels und der schwülen Wärme des Mittelmeeres liegt eine Fußmatte. Denn hinter der geöffneten Tür des „La Tertulia“vernimmst du es schon, das nahe Spanien: „Ayayayayehe!“

Obgleich die nasale Stimme sich anhört, als hätte jemand versehentlich den Tisch auf ihr abgestellt, scheint der rhythmische Zweikampf mit der Gitarre gut auszugehen. Zurück bleibt die Aufforderung, sich erhobenen Hauptes in der Arena einen Platz zu ergattern. Zwischen den stilecht weißgetünchten Wänden sind die rustikalen Tische für gewöhnlich dicht besetzt. Wo gibt es das auch sonst in Bremen, für 30 Mark Spanien und zurück?

Gerade als der Sänger zum orgiastischen Höhepunkt seiner Elegie anhebt, räumt ein Duo seinen Tisch. Jetzt gilt es, jede Hektik verbergend, gezielt und ruhigen Auges in der Enge der Gänge voranzustürmen, um der Vakanz den Dolchstoß zu versetzen. Ayayeh, geschafft!

Im Schein des Kerzenlichtes kannst du nun beruhigt die anderen Sinne öffnen. Da schwebt etwa eine warme Wolke vorbei, die nach Meer und Strand, nach Fisch und Freiheit duftet. Eben so, wie eine gute Paella riechen muß. Am Nachbartisch hingegen werden die Tapas erst in Soßen und schließlich in Lobeshymnen gebadet. Das macht die eigene Wahl nicht gerade leichter.

Zur Einstimmung läßt du dir ein paar Oliven und einen der spanischen Weine reichen, der dich schon nach wenigen Schlucken, ayayeh, ein mächtiges Stück in Richtung Sonne schubst. Leise murmeln die Gespräche an dir vorbei, kein Pöbler unterbricht den Singsang der Stimmen. Abgesehen von dem spanischen Barden, der sich immer noch quält, scheint alles gedämpft in einer Wolke aus Wärme, Wein und Wohlgefühl.

Da kommt das Lamm, das in Form krosser Streifen im Tontiegel vor sich hinduftet. Es riecht nach Rosmarin, Thymian und anderen Kräutern. Das Fleisch ist zart und köstlich. Auch dein Gegenüber strahlt die Zufriedenheit eines frisch gewindelten Babys aus, das sich die Finger schleckt nach dem Dessert: ein Karamelpudding wie eine seichte Dünung.

Nach dieser süßen Sättigung darf man verharren. Niemand stört, keiner fragt aufdringlich, ob's noch was sein darf. Nein, hier läßt man selbst denen die Ruhe, die den ganzen Abend an einem Buch und einem kleinen Salat kauen. Dabei sind die Preise ganz zivil. Einziger Nachteil: Man wird müde ob so viel Wohligkeit. Ayayeh! dah

La Tertulia, Berliner Str. 35, tägl. ab 17 Uhr

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