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■ Zur EinkehrBei Bünger

Noch sechs Worte, und Sie lesen eine Drohung: Walter Benjamin! Das Nebeneinander von Architekturstilen! Das Aufeinandertreffen von Menschen unterschiedlicher sozialer Schichten! Wo es doch nunmal da steht, das neue Bremer Passagenviertel zwischen Domshof und Sögestraße, drängt sich Benjamin geradezu auf! Aber IHM sei Dank, drängt sich auch etwas anderes auf. Etwas Wildes und Wohlschmeckendes: Eine Hasenkeule.

Bünger bietet sie am Mittagstisch an. Oder genauer: Bünger bot sie gestern an. Denn der offiziell anerkannte „Werder-Bäcker“Bünger, der hier und da und dort eine Filiale unterhält, bietet in der umgebauten und erweiterten Geschäftsstelle in der Landesbank-Passage täglich etwas anderes an. Am Montag neben der Hasenkeule (für 10,50 Mark) jeweils mit Beilagen noch Catfish (7,50 Mark) und eine Gelatine von der Poularde (für ungelogene 6,90 Mark) am heißen Buffet sowie Salate am kalten.

Daß bei Bünger ein Hühnchenrollbraten den Namen Gelatine von der trägt, liegt möglicherweise am jungen Mann hinter der Theke. Er kleidet sich wie ein Koch und hat einen – très sympatique – 'übschen französischen Akzent. Außerdem ist er noch lieber als seine Kolleginnen bereit, Geschmacksrichtung und Beschaffenheit der Saucen zu erklären und darauf hinzuweisen, daß auf die vergangene „italienische Woche“demnächst, das heißt am 6. April, eine „Fischwoche“sowie bald eine „mexikanische Woche“folgt.

So bringt dieser Mann einen Hauch von Haute Cuisine in das – na ja, nennen wir es – Bistro, das büromenschenfreundlich über Stehtische verfügt. Büromenschen nämlich essen lieber im Stehen. Auf die als zarte Versuchung daherkommende Hasenkeule und die zum Teller ablecken gute Portweinsauce färbt dieser Hauch Haute Cuisine ab. Leider aber nicht auf den viel zu trocken geratenen Reis, der neben einem Erbsen-Kartoffel-Allerlei dazu gereicht wird.

Anders als bei Bodes, der unschlagbaren Fischküche an der Bischofsnadel, wird das Essen bei Bünger warmgehalten. Das gelingt nicht immer. Eine Saltimbocca vom Fisch in der „italienischen Woche“war leider nur lauwarm. Doch der Preis von 6,90 Mark entschädigte für diese Anfangsschwierigkeiten im vergrößerten Bistro. Für nur 60 Pfennig mehr ließ sich dagegen am Montag ein Arbeiter von der benachbarten Baustelle den Catfish sichtbar schmecken. Womit wir schon fast wieder bei Walter Benjamin wären.

Christoph Köster

Bünger in der Landesbank-Passage, Mittagstisch von 11.30 bis 14.30 Uhr

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