■ Zur Einkehr: Im „Paulaner's“
Kann ein Lokal gut sein, das für den Genitiv ein Apostroph im Schilde führt? Diese Frage muß für das „Paulaner's“, für dessen Namensgebung offenbar Vorläufer wie „Hanne's Eckkneipe“ oder „Rudi's Broiler“ Pate standen, eindeutig mit „ja!“ beantwortet werden. Wobei gut nicht im Sinne von „gut“, sondern eher im Sinne von cool zu verstehen ist, wenn das zu verstehen ist.
Ja, die Sonne brennt heiß auf das Dach. Auch an diesem warmen Sommerabend an der Schlachte. Unter den vielen neuen Lokalen dieser Adresse ist das „Paulaner's“ zwar nicht das neueste, hat aber die meisten Tische unter den Bäumen vor der Kajenmauer. Uns sagt Tisch 90 zu, weil er nicht ganz im Schatten liegt und – weil er im Gegensatz zu den Tischen 2 bis 280 unbesetzt ist.
Als etwas anders als andere Restaurants wirbt das mit einer bayerischen Brauerei verbandelte „Paulaner's“ laut Karte für sich selbst. Und wenn etwas anders ist als andere, gibt es entweder Börger oder wird auf die sogenannte Erlebnisgastronomie gesetzt. Mit dem Schlagwort „lockerer“ beschreibt ein aus Österreich nach Bremen verschlagener Kellner die Besonderheit des Lokals und betont, eine Herkunft aus Gegenden südlich des Mains sei im „Paulaner's“ keine Einstellungsvoraussetzung.
Dann gäbe es auch Nachwuchssorgen. Drei gebrachte, aber nicht bestellte Portionen Weißwurst, vier bestellte, aber nicht gebrachte Gläser Bier, zwanzig Nachfragen der KellnerInnen nach dem Nummerncode für bestellte und gebrachte Waren waren die Bilanz eines aufregenden Abends in einem völlig chaotischen „anderen“ Restaurant. Zwei der insgesamt acht für uns zuständigen KellnerInnen kündigten noch vor 22 Uhr ihre Kündigung an.
Am nächsten Tag. Im „Paulaner's“ gibts auch Mittagstisch. Was jedoch mit Kreide als Tagesgericht auf der Tafel notiert ist, übersteigt mit 22,50 Mark und 28,50 Mark den dafür vorgesehenen Etat bei weitem. Zum Glück stehen auch „bayerische Spezialitäten“ innerhalb des Budgets wie Schweinsbraten (mit Kraut und Knödeln), Leberkäs (mit Bratkartoffeln) oder Schnitzel Wiener Art auf der Karte.
Zumindest Schweinsbraten und Leberkäs werden mit der gleichen, nein, der selben Paprikasauce serviert. Das ist seltsam. Die sachkundige, weil aus Bayern gebürtige Mitesserin moniert, daß an ihrem Bratenstück die Krönung, nämlich die Kruste fehlt, stellt fest, daß Blaukraut angemessener sei als Sauerkraut, und bilanziert, daß ohnehin alles ganz untypisch ist. Christoph Köster
Schlachte, gegenüber vom Museum Weserburg
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen