Zuma gegen Mbeki: Südafrikas zwei Machtzentren

ANC-Chef Jacob Zuma gegen Staatschef Thabo Mbeki: Diese Rivalität, geradezu ein Kampf zweier Kulturen, wird das Land bis zu den Wahlen 2009 prägen.

Bittere Rivalität dürfte bald das Verhältnis zwischen Zuma und Mbeki prägen Bild: ap

JOHANNESBURG taz "Zuma, Zuma" schrien seine Anhänger im Konferenzzentrum in Polokwane. Bei Verkündung des Wahlsieges von Jacob Zuma als ANC-Präsident am Dienstagabend rissen begeisterte Delegierte ihre Arme hoch, pfiffen und sprangen auf die Tische. Nur mühselig konnte sich die Leitung der Wahlkommission Gehör verschaffen: Der neue Mann an der Spitze der Regierungspartei in Südafrika erhielt rund 800 Stimmen mehr als sein Gegenkandidat, bisheriger ANC-Präsident und Staatschef Thabo Mbeki. Mbeki begleitete Zuma auf die Bühne, dort umarmten sie sich. Dann trat Mbeki ab, während Zuma weiter gefeiert wurde.

Für seine Anhänger waren in diesem Augenblick die entwürdigenden Momente der vergangenen Jahre vergessen, in denen Jacob Zuma als Vizepräsident Südafrikas entlassen worden war, wegen Vergewaltigung vor Gericht stand und ihm das politische Aus drohte. Er ist für sie der Mann des Volkes, der endlich seine Chance erhält. Der Zulu Zuma ist kein "intellektueller König", wie es distanzierend über Mbeki gesagt wird. Vielmehr singt und tanzt er öffentlich, redet klar und einfach. Manchmal bringt ihm das Probleme: So wurde er bei seinem Vergewaltigungsprozess zwar freigesprochen, aber seine naiven Äußerungen vor Gericht, wonach er nach dem Geschlechtsverkehr mit einer HIV-infizierten Frau das Ansteckungsrisiko durch Duschen verringert haben will, bringen ihm bis heute Witze über den "Dauerduscher Zuma" ein.

Nun kriegt Südafrika zwei Machtzentren: Parteichef Zuma gegen Staatschef Mbeki. Diese Rivalitäten werden das Land bis zu den nächsten Wahlen 2009 prägen und können zu vorgezogenen Wahlen führen. Eine weitere Unsicherheit: Der 65jährige Jacob Zuma könnte noch ins Gefängnis kommen, wenn die bestehenden Korruptionsvorwürfe gegen ihn in einer Waffenhandelsaffäre zu einer Anklage führen. Die Chancen auf einen Prozess stünden gut, ließ die Staatsanwaltschaft jüngst verlauten. Selbst Kgalema Mothlanthe, bisheriger Generalsekretär des ANC und jetzt neu gewählter Vize von Zuma, äußerte Besorgnis: "Zuma ist bereits durch die Strafverfolgung in Bedrängnis geraten. Nun wollen sie ihn zum zweiten Mal beißen."

Käme Zuma vor Gericht, könnte Mothlanthe an seiner Stelle zum ANC-Präsidentschaftskandidaten aufsteigen. Mothlanthe appellierte schon mal, die Partei brauche moralisch verpflichtete Leute. Zunächst aber muss Südafrika die Folgen von Zumas Triumph bewältigen. Es herrscht Jubel bei den ärmeren Bevölkerungsschichten, die trotz seines umstrittenen Charakters auf ihn hoffen. Viele Angehörige der Mittelklasse sehen hingegen in Mbekis kühlerem Stil kein Problem und finden, er hat in seinen zehn Jahren Amtszeit die Wirtschaft und das Image Südafrikas nach außen stabilisiert und Verbesserungen im Lebensstandard vieler Südafrikaner eingeleitet.

Die wichtigste Oppositionsführerin Helen Zille bezeichnet es als tragisch, dass der ANC nicht mit einem anderen Kandidaten aufwarten konnte. Zumas Ansichten über Frauen und Homosexuelle seien reaktionär, seine Unterstützer hätten schlechte Manieren und seine Berater seien dubios.

Für viele Beobachter ist weniger Zuma selbst das Problem als die Zerreißprobe, in die der ANC geraten ist. Der Erzbischof und Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu vergleicht die neue Situation mit einer "zweiköpfigen Hydra". Der Analyst William Gumede meint, dass Zumas linke Anhänger von ihm bald enttäuscht sein werden: "Das kann zu Abspaltungen vom ANC führen, die längst überfällig und im Sinne von Demokratie sind."

Zuma will gegen die Gewalt in Südafrika vorgehen und mehr für Erziehung, Gesundheit und Arbeitsplätze tun. Er hat linke Politik gepredigt und sich damit Stimmen der linken Parteiallianz aus Kommunisten der SACP und dem Gewerkschaftsbund Cosatu, gesichert, die den ANC an der Regierung stützt. Aber Befürchtungen, dass er vom stabilen wirtschaftspolitischen Kurs des ANC mit einem Linksruck abweichen wird, hat Zuma in Gesprächen mit Investoren zum Teil zerstreut.

Zuma ist selbst kein Sozialist, er liebt luxuriöse Häuser und Autos, ist polygam, verschuldet und hat nach eigenem Bekunden wenig Verständnis von Wirtschaft und verfügt über keinen Schulabschluss. Mit 17 Jahren trat Zuma in den ANC ein und wurde im militärischen Flügel aktiv. Er kam wegen Staatsverrats für zehn Jahre ins Gefängnis auf Robben Island. Nach seiner Freilassung ging er ins Exil und machte sich als Guerilla-Befehlshaber und ANC-Geheimdienstchef einen Namen. 1990 kam er aus dem Exil zurück und nahm an den Verhandlungen des ANC mit der weißen Regierung teil.

Es kommt nun darauf an, mit welchen Beratern Zuma sich umgeben wird. Die fünf verbleibenden Positionen im Führungskomittee des ANC sind bei den Wahlen allesamt mit seinen Verbündeten besetzt worden, Darunter ist niemand mit den Fähigkeiten Thabo Mbekis, die bei Wirtschaftsbossen und Investoren geschätzt sind.

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