piwik no script img

■ Zum Vergleich PDS/UntersuchungskommissionWie Lenin so richtig sagte ...

Es ist Wahlkampf. So kramten jene, die Munition gegen PDS-Erfolge suchen, Uralt-Patronen aus: Mehr als 200 Millionen aus dem Milliardenvermögen der SED solle ihre (Rechts-)Nachfolgerin PDS kassieren dürfen.

Das nervte selbst den Mann, der für Gysis Leute den wahren Intimfeind hergab: Hans-Jürgen Papier mit seiner Unabhängigen Kommission (UK). Nichts werde die PDS an Barem bekommen, beschied er die Scharfmacher, die den Rechtsstaat gern vergessen, wenn es gegen die Postkommunisten geht.

Die Kommission, die beharrlich echten wie schwarzen Kassen einst mächtiger „Massen“-Organisationen nachspürt, ist so unabhängig nicht – parteipolitisch gesehen. Alle im Bundestag vertretenen Parteien haben in ihr Sitz und Stimme. Doch paßte den UK-Mitgliedern das durchsichtige Wahlkampfmanöver (nur von rechts?) nicht ins Bild. So ist das eigentlich Bemerkenswerte am so gut wie perfekten Vergleich mit der PDS die Einstimmigkeit der UK: Die PDS erhält das, was ihr als KPD-Nachfolgerin zusteht – fünf Häuser und Grundstücke, von den Nazis enteignet.

Gegenargument: 180 Millionen habe die Partei verbraten, obwohl sie das nicht durfte. Der rechtmäßige Anspruch war zumindest fraglich – stimmt. Doch so ist das Wesen eines Vergleichs: sich vom strittigen Einzelfall lösen und Machbares ins Auge fassen. Ein Kompromiß also, mit dem alle leben können.

Da macht die PDS keinen schlechten Schnitt. Von Kassieren kann aber nicht die Rede sein. Die UK (und ihre Parteienvertreter) hätte es sich nicht leisten können, auf unbestimmte Dauer 1,8 Milliarden zu blockieren, bestimmt für die Neuen Länder. Ohne Vergleich hätte die Summe weiter geschmort bis zur juristischen Klärung. Und so was kann dauern.

Die PDS hat allerdings nicht den geringsten Grund, sich als Wohltäterin aufzuspielen. Geld, das einem nicht gehört, kann man auch nicht huldvoll unters Volk streuen. Zumal ihr plötzliches Gefeilsche um drei Millionen Nachschlag für SED-Funktionäre i.R. peinlich und ebenfalls wie Wahlkampf für die eigene Klientel wirkt.

Wenn also jetzt nicht noch die PDS die 1,8 Milliarden für den Osten gefährdet, dann wird es spannend, ob das Geld auch wirklich dort ankommt. Schlechte Vorbilder machen hellhörig. Etwa das mit der Mauer. Zwei Millionen für den Verkauf ihrer Fragmente nach Honolulu, Osaka und an Berliner Zahnärzte sollten das schwindsüchtige DDR-Gesundheitswesen aufpäppeln. Beschluß der letzten Volkskammer. Doch denkste! Weil Waigel den Wall plötzlich für Bundesvermögen hielt.

Wohin der SED-Schutz also wirklich wanderte, weiß man. Wohin der SED-Schatz wandern wird, bleibt nach vollzogenem Vergleich noch zu beobachten. Hier stimmt Lenin: ... Kontrolle ist besser. Ulrich Leidholdt

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen