Zum Tode Sun Myung Moons: Wahrer Messias seiner selbst
Der koreanische Antikommunist und Unternehmer Sun Myung Moon war bis zuletzt eine umstrittene Gestalt. Seine Vereinigungskirche steht immer wieder scharf in der Kritik.
Weltweit Aufsehen hat er mit Massenhochzeiten jeweils tausender Anhänger erregt. Doch als Gründer und Chef der offiziell Vereinigungskirche genannten christlichen Moon-Sekte war Sun Myung Moon nicht nur sendungsbewusst bis zum Größenwahn, sondern auch sehr geschäftstüchtig. Durch Ausbeutung seiner Anhänger häufte der Südkoreaner ein großes Vermögen an.
Der Antikommunist mit US-Greencard, der seine größte Macht in den 80er Jahren erreichte, brachte es so zu politischem, wirtschaftlichem und medialem Einfluss, der von Nordkorea bis ins Weiße Haus reichte. Als Unterstützer Richard Nixons und Ronal Reagans ärgerte sich Moon so sehr über die liberale Washington Post, dass er 1982 mit der Washington Times ein rechtes Gegenblatt schuf.
Zuletzt gehörten seiner Kirche und ihren Firmen in den USA auch die Nachrichtenagentur UPI, ein New Yorker Hotel und die Universität Bridgeport in Connecticut. Und sie belieferten einen Großteil der Sushi-Restaurants in den USA mit Fisch. In Südkorea war Sektengründer Moon zunächst mit Blumen- und Ginseng-Handel reich geworden. Später gründete er ein Joint Venture, das in Nordkorea Autos produzierte und Gebrauchtwagen importierte.
Moon wurde 1920 als Bauernsohn im späteren Nordkorea geboren. Mit 15 erschien ihm nach eigener Aussage zu Ostern Jesus Christus und ernannte ihn zum neuen Messias, der das Werk des Gekreuzigten vollenden solle. Kurz nach dem Koreakrieg gründete Moon 1954 die auf ihn maßgeschneiderte „Vereinigungskirche“, die bald ins Ausland expandierte. Zuletzt war sie nach eigenen Angaben in 194 Ländern aktiv und zählte 3 Millionen Anhänger. Beobachter halten dies für übertrieben. In Deutschland sollen es nur noch wenige hundert gewesen sein.
Kritiker warfen Moon Gehirnwäsche seiner Anhänger vor und stuften seine Sekte als gefährlichen Kult ein. Dabei schreckte er nicht vor Unsinn zurück. So erklärte er, mit den Geistern von Adolf Hitler und Josef Stalin gesprochen und sie zu seiner Lehre bekehrt zu haben.
Mehrfach saß Moon im Gefängnis, darunter 13 Monate wegen Steuervergehen in den USA. In Deutschland und England hatte der „Wahre Vater“, wie er sich nennen ließ, einige Jahre Einreiseverbot. In Japan galt dies bis zum Tod des 92-Jährigen gestern. Sein Imperium führt jetzt sein jüngster Sohn Hyung Jin Moon.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Börsen-Rekordhoch
Der DAX ist nicht alles
Machtkämpfe in Seoul
Südkoreas Präsident ruft Kriegsrecht aus
Habeck wirbt um Fachkräfte in Kenia
Gute Jobs, schlechtes Wetter
Gesetzentwurf aus dem Justizministerium
Fußfessel für prügelnde Männer
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style