Zum Tod von Johnnie Carr: Eine vergessene Ikone der USA
Engagiert bis ins hohe Alter: Am vergangenen Samstag starb die schwarze Bürgerrechtlerin Johnnie Carr 97-jährig an den Folgen eines Schlaganfalls.
Sie war eine der weniger bekannten Größen der schwarzen Bürgerrechtsbewegung in den USA der 1950er-Jahre, Johnnie Rebecca Carr aber lebte länger als die meisten anderen. Sie starb am Samstag im stolzen Alter von 97 Jahren. Ein halbes Jahrhundert lang hatte sie für die Gleichberechtigung der Afroamerikaner gekämpft. Sie nahm Teil an Registrierungskampagnen für die Wahlberechtigten unter ihnen und engagierte sich als ehrenamtliche Wahlhelferin. Sie arbeitete zusammen mit der Ikone der Bewegung, Martin Luther King, und war eine Klassenkameradin von Rosa Parks.
Im Dezember 1955 schloss sie sich der Weigerung ihrer engen Freundin Rosa an, einen nur für Weiße reservierten vorderen Sitzplatz in einem Bus freizumachen. Das war der Startschuss einer Bewegung die sich Montgomery Bus Boycott nannte und friedliche Provokationen suchte, um auf die entwürdigende Diskriminierung schwarzer Bürger aufmerksam zu machen und sie ein für alle Mal zu beseitigen. 1967 wurde Carr Nachfolgerin von Martin Luther King als Vorsitzende der Rechtshilfeorganisation Montgomery Improvement Association, die 1955 kurz nach dem Sitzstreik von Rosa Parks für die Begleitung von Musterprozessen gegründet worden war. Carr half, den Transport für die schwarzen Arbeiter zu organisieren, die sich nun weigerten, die Busse zu benutzen. Auch mit ihrem eigenen Sohn wollte Carr ein Exempel statuieren. Sie meldete ihn in der nur Weißen offenstehenden öffentlichen Schule von Montgomery an - und ließ es auf eine Musterklage ankommen. Mit Erfolg. In einem Interview hatte Carr vor fünf Jahren einmal gesagt: "Als wir anfingen, haben wir nicht an Geschichte gedacht. Wir dachten über die Zustände und die Diskriminierung nach." Freunde bewunderten ihre Energie und ihr Engagement bis ins hohe Alter. "Sie war immer eine, die ermutigte und keine, die spaltete", sagte Bobby Bright, Bürgermeister von Montgomery, Alabama. "Sie war einfach eine liebende Person. Sie war wirklich die Mutterfigur, die wir in Montgomery so dringend in einer sehr schwierigen Phase unserer Geschichte brauchten." "Johnnie Carr ist eine der drei Ikonen der Bürgerrechtsbewegung", sagte Morris Dees, Mitgründer des Southern Poverty Law Center in Montgomery. Johnnie Carr stand bis zu ihrem Tod an der Spitze der legendären Montgomery-Organisation. 2005 rief sie bei einer Gedenkveranstaltung zum 50. Jahrestag des zivilen Ungehorsams von Rosa Parks aus: "Schaut zurück, aber marschiert nach vorne!" Noch wenige Tage vor ihrem tödlichen Schlaganfall hielt sie am Martin-Luther-King-Tag in Montgomery eine Rede.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Die Wahrheit
Herbst des Gerichtsvollziehers