Zum ADAC-Gastbeitrag der Kanzlerin: Angies schöne Motorwelt
Angela Merkel lässt sich gerne mit Al Gore und Bono ablichten und in die Arktis schippern. Doch in der "ADAC Motorwelt" liest sich ihr Engagament anders.
Wir wollen jetzt alle für einen Moment gaaanz leise sein und der Bundeskanzlerin das Wort überlassen, denn Angelas Anliegen ist wichtig und duldet keinen Aufschub mehr: "Wie können wir wirksam der globalen Erwärmung entgegenwirken? Diese Frage hat uns alle in den letzten Wochen und Monaten sehr bewegt. Denn der Klimawandel beschleunigt sich - mit bedrohlichen Konsequenzen für künftige Generation". So weit, so Al Gore.
Dabei sind diese Sätze nicht einem Beitrag für das Greenpeace Magazin entnommen, sondern Angela Merkels aktueller Gastkolumne in der ADAC motorwelt, dem Zentralorgan der Automobilindustrie, einem Sprachrohr, das Ausgabe für Ausgabe 20 Millionen Autofahrer erreicht, ach was, aus der Seele spricht.
Und deshalb gehts auch nahtlos mit einer Frage weiter, die den klassischen ADAC-Kunden weit mehr "bewegt" als verschwindende Archipele oder schmelzende Polkappen: "Gleichzeitig sind viele Menschen besorgt über hohe Energiepreise, die sie an der Tankstelle oder bei der Strom- und Heizkostenabrechnung zu spüren bekommen". Wow!
Diesen Spagat hätte der als "Autokanzler" gescholtene Gerhard Schröder kaum besser hinbekommen. Ein unschöner Anblick ist dennoch, mit welchen Verrenkungen Merkel es hier der erzbürgerlichen Kernklientel recht machen will, ohne dabei all jene zu verprellen, die sie gerne für eine Jeanne dArc der Kegelrobben halten wollen.
Der rhetorische Dreisprung ist eine knifflige Disziplin, die Merkel allerdings perfekt beherrscht. Er geht so: "Wir wollen die CO2-Emissionen im Zeitraum von 1990 bis 2020 um 40 Prozent reduzieren. Auch der Verkehrsbereich muss dazu einen Beitrag leisten. Damit sind nicht zwangsläufig höhere Kosten für die Autofahrer verbunden."
Na, dann ist ja alles gut. Zwar war es Angela Merkel, die im Verein mit ihrem Wirtschaftsminister schärfere EU-Vorschriften für die Emission von "klimawirksamen Gasen" blockiert hat. Stattdessen hat sie aber glücklicherweise ihr eigenes Programm am Start, nämlich ein "Integriertes Energie- und Klimaprogramm", mit dem sie "bezahlbare Mobilität sichern" will.
Wie ernst es ihr damit ist, ließ sich unlängst schon in der Bild am Sonntag nachlesen: "Wer zurückhaltend Auto fährt - nicht immer Vollgas gibt -, spart Benzin und verringert damit die CO2-Belastung." Kein Vollgas mehr? Das ist ein Rat, mit dem man der "Freie Fahrt für freie Bürger"-Leserschaft einer ADAC motorwelt besser nicht kommen sollte. Merkel rettet sich aus dieser Zwickmühle mit einem geradezu putzigen Verweis auf das Potenzial der Biomasse, auf ominöse "Kraftstoffe der sogenannten zweiten Generation", die "die Pflanze vollständig" nutzen würden. Welche Pflanze? Egal, denn Angela Merkel stellt sicher, "dass der Anbau von Pflanzen für die Erzeugung von Biokraftstoffen nachhaltig erfolgt und nicht", jetzt kommts, "die Rodung von wertvollem Regenwald zur Folge hat", was den deutschen Vollgasgebern bekanntlich besonders auf der Seele lasten würde.
Auch solle sich, ganz im Vertrauen, der Automobilist bitte nicht vor der neuen, an den CO2-Ausstoß gekoppelten Kraftfahrzeugsteuer stören - die trete erst am 1. Januar 2009 in Kraft und gelte ohnehin nur für Neufahrzeuge, die nach diesem Stichtag angeschafft würden: "Für Fahrzeuge, die sich bereits in Betrieb befinden, gilt weiter die hubraumbezogene Besteuerung." Ein so dreistes Argument für die rechtzeitige Anschaffung eines Spritfressers, dass es glatt der Marketingabteilung von Porsche eingefallen sein könnte.
Das wars auch schon. Kein Wort über die Bahn, das Fahrrad oder einen Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs. Sondern nur noch dieser eine Satz, den man sich merken sollte: "Wir räumen dem wirtschaftlichen Aufschwung weiter Vorfahrt ein."
Fazit: Wir fahren weiter den Planeten an die Wand, aber wir tun es "auf der Erfolgsspur".
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