Zukunft des Spreeparks: Es dreht sich wieder
Der Spreepark soll als naturnaher Park wiedereröffnen. Nach jahrelanger Verzögerung ist auch das Riesenrad wieder in Betrieb – zu Testzwecken.
Und es bewegt sich doch. Nach jahrelangem Stillstand kann man in diesen Tagen mit ein wenig Glück sehen, wie das Riesenrad im Spreepark, das seit September hier wieder aufgebaut wird, schon mal ein paar Runden dreht. Noch nicht für Fahrgäste, sondern für den TÜV. Der muss das 45 Meter hohe Rad prüfen, bevor 2027 wieder Menschen einsteigen sollen.
So jedenfalls die Pläne der landeseigenen Grün Berlin GmbH, die den Spreepark mit seinem Wahrzeichen, dem Riesenrad, gerade wieder belebt. Nicht als Rummel, der er einmal war, sondern als naturnaher Park mit viel Kultur. Voraussichtlich, muss man wohl hinzufügen. Denn wir sind in Berlin, und da ist das mit dem Planen so eine Sache. 2021, als das Rad abgebaut und zur Reparatur nach Polen geschickt wurde, hieß es ja, es sollte 2024 wieder in Betrieb gehen.
Die paar Runden des Riesenrades für den TÜV sind nur eine Teilabnahme, heißt es aus der Grün Berlin GmbH. „Für die Tests kommen ausgewählte Gondeln zum Einsatz – darunter verbliebene alte Modelle sowie eine neue Mustergondel.“ Denn alle alten Gondeln sind nicht erhalten, und die neuen noch nicht vollständig gefertigt.
Zur Simulation von Fahrgästen werden bei den Tests die Gondeln mit Gewichten belastet, um die Tragfähigkeit und die Stabilität der Aufhängungen zu testen. „Zusätzlich“, so die Grün Berlin GmbH, „werden die Brems- und Antriebssysteme kontrolliert, um sicherzustellen, dass alle sicherheitsrelevanten Funktionen unter realistischen Bedingungen einwandfrei arbeiten.“ Ziel dieser frühen Prüfung ist es, mögliche Schwachstellen rechtzeitig zu erkennen und spätere Umbauten zu vermeiden.
DDR-Attraktion
1969, zum 20. Jahrestag ihrer Gründung, eröffnete die DDR im Plänterwald den Kulturpark mit dem ersten Riesenrad, das damals das zweithöchste in Europa war nach dem in Wien. Der Kulturpark mit seinen vielen Fahrgeschäften war seinerzeit eine riesige Attraktion. Und das nicht nur für BerlinerInnen. Wer aus Sachsen im Sommer an die Ostsee fuhr, legte gern eine Pause in Berlin ein, um entweder auf den Fernsehturm zu fahren oder um im Plänterwald ein paar Runden Riesenrad und Achterbahn zu drehen. Das waren damals die Attraktionen der DDR-Hauptstadt.
1989, nur kurz vor dem Mauerfall, musste das erste historische Riesenrad ersetzt werden. Das neue Rad drehte dann seine Runden im Spreepark, wie das Areal nach der Wende hieß, das sein Betreiber Norbert Witte allerdings aus wirtschaftlicher Inkompetenz in den Sand setzte. Legendär war die Flucht von Norbert Witte mit seiner Familie 2002 nach Peru. Mitgenommen hatte er sechs Fahrgeschäfte aus dem Spreepark, die ihm teilweise gar nicht gehört hatten.
Zurück in Berlin blieben 11 Millionen Euro Schulden. Damit war das Grundstück belastet und Berlin hatte jahrelang die Illusion, einen Betreiber für den Vergnügungspark zu finden, der auch noch die Schulden übernimmt. Doch alle Privatisierungsversuche scheiterten.
2013, da ging es Berlin wirtschaftlich relativ gut, kaufte die öffentliche Hand das überschuldete Grundstück selbst zurück und wollte es entwickeln. Kein Rummel mehr sollte es werden, hieß es, sondern ein familienorientiertes Kleinod, wo man Natur und Kultur gleichermaßen erleben kann. 2016/17 startete eine Bürgerbeteiligung. Rund 2.000 Menschen brachten sich ein. Das Spektrum der Ideen reichte von einem Ort der Aufführung von Shakespeare-Stücken bis zu einem Naturerlebnisort. Ein sehr häufiger Wunsch: Die BerlinerInnen wollten, dass sich das Rad wieder dreht.
Alter Park ganz neu
Das neue Riesenrad schwebt künftig über einem kreisrunden Wasserbecken und es soll sich im Wasser spiegeln. Das Konzept greift Elemente der historischen Riesenräder von 1969 und 1989 auf und interpretiert sie neu. Das soll auch das Konzept des Parks insgesamt sein: Altes bewahren, neu interpretieren und Neues nachhaltig ein paar Nummern kleiner entwickeln.
1,7 Millionen Besucher pro Jahr wie in der DDR, das wird es nicht mehr geben. Und wohl auch nicht die 400.000, die 2001, im letzten Jahr des Bestehens des Vergnügungsparks kamen. Für das Riesenrad wurden übrigens 90 Tonnen Stahl aus dem früheren Rad wieder verwendet. Das spare gegenüber einem vollständigen Neubau etwa 200 Tonnen CO₂, heißt es aus der Grün Berlin GmbH. Auch das englische Dorf und das Amphitheater entstehen in diesem Sinne neu. Daneben entstehen Orte für Kunst, Kultur und Umweltbildung. Schließlich liegt das Areal ja mitten im Plänterwald, einem innerstädtischen Wald.
Doch so ganz reibungslos klappt die schrittweise Eröffnung des Parks dann doch nicht. Nach nicht einmal zwei Jahren Betrieb schließt das Restaurant im Eierhäuschen, einem historischen Ausflugsrestaurant an der Spree, das schon von Fontane besungen wurde und das einmal Teil des Spreeparks sein sollte, in diesen Tagen.
Betreiberin Jessica Sidon hatte dem rbb gesagt, dass das vor allem finanzielle Gründe habe. „Das ist definitiv ein Ausflugslokal. Finanziell lohnt sich das nur, wenn der Biergarten funktioniert.“ Von Wochenendspaziergängern aus der Umgebung, die meist nur Kaffee und Kuchen verzehren, könne man aber allein nicht leben. Für 2026 hatte die Betreiberin mit der schrittweisen Eröffnung des Parks und damit mit Touristenströmen gerechnet, doch die Eröffnung verzögert sich bis 2027.
Verzögerung und Kostensteigerung
Und wenn sich ein Projekt in Berlin verzögert, dann steigen auch die Kosten. Das ist beim Spreepark natürlich nicht anders. Laut einer aktuellen Abgeordnetenhausdrucksache geht Berlin von einem Finanzierungsbedarf von 88,8 Millionen Euro aus. 2022 hatte der Senat diese Kosten noch mit 71,9 Millionen Euro kalkuliert. Der Bund der Steuerzahler kritisiert, dass in diesen Kosten die Personalkosten noch gar nicht mitgerechnet wurden.
Auch die Kosten für das Riesenrad haben sich in diesem Zeitraum erhöht: von 6,4 Millionen auf 8,8 Millionen Euro. Der Bund der Steuerzahler spricht von dem Park insgesamt von einem „Millionengrab mit Ansage“. Er zweifelt, dass der Park zu einem Besuchermagneten wird und sich die Kosten für die öffentliche Hand durch mehr Touristen nach Berlin wieder rechnen.
Ob Berlin für den Park künftig Eintritt nimmt, steht noch nicht fest, ist in Zeiten schlechter Haushaltslage aber eher wahrscheinlich.
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