Zukunft der US-Außenpolitik: Russische „Koalition der Willigen“?
Russland macht dem neuen US-Außenminister Rex Tillerson Avancen. Der müsste aber erst die Sanktionen lockern oder aufheben.
Russland jedenfalls setzt auf den neuen Mann – und sucht den Kontakt zu europäischen Medien, um zu erklären, warum. Inoffizieller Botschafter ist Igor Jusufow, ehemaliger Chef des staatlichen russischen Ölkonzerns Rosneft, ehemaliger Energieminister und später Energiebotschafter unter Wladimir Putin. Jusufow war Gast bei Donald Trumps Amtseinführung in Washington und bot mehreren europäischen Medien, unter anderem der taz, Interviews an.
„Wir können eine Zusammenarbeit in der Produktion und Vermarktung von Energiewaren zu einem globalen Erfolg führen“, schreibt Jusufow der taz in einem E-Mail-Interview. Sobald die amerikanische Regierung allerlei Fragen geschäftlich angehe, könne es neue Wege für eine Zusammenarbeit geben. Jusufow betreibt seit 2011 seine eigene Firma im Öl- und Gassektor und bekleidet kein offizielles Amt in Moskau mehr – dennoch würden seine Aussagen durchaus mit der Haltung des Kreml zusammenfallen, behauptet er.
Jusufow schlägt einen russisch-amerikanischen Energiedialog vor – das gab es unter George W. Bush und Wladimir Putin bereits 2002 und 2003. Dieses Mal solle es sich, das betont er, um einen Wirtschaftsgipfel handeln. „Die Zusammenarbeit mit Europa ist uns dabei sehr wichtig“, sagt Jusufow. „An dem runden Tisch ist Platz für die deutschen, italienischen, französischen und englischen Unternehmen.“ Eine Art „Koalition der Willigen“? „Ein sehr guter Begriff“, findet Jusufow.
Die Sprache, die Trump versteht
Jusufow und Russland locken also mit Geschäften – die Sprache, die Trump versteht. Darauf eingehen kann er aber nur, wenn die USA die Sanktionen gegen Russland lockern oder aufheben. „Wenn es positive Signale aus Washington geben wird, bin ich sicher, dass sich Berlin und Brüssel an eine Revision des heutigen Zustandes wagen“, glaubt Jusufow mit Hinblick auf die Sanktionen. Das dürfte vor allem dann zutreffen, wenn einzelne EU-Staaten ebenfalls aus der Sanktionsfront ausbrechen.
Vieles hängt davon ab, ob Tillerson als Außenminister weiterhin die Geschäftsinteressen von ExxonMobil vertritt. Der Konzern betreibt gemeinsam mit Rosneft das Öl- und Gasfeld Sachalin I ganz im Osten Russlands. Den 17-Milliarden-Dollar-Deal hatte Tillerson 1997 selbst ausgehandelt. 2017 und 2018 soll das Feld weiter ausgebaut werden.
Wegen Tillersons Berufung gab es in Washington einige Differenzen. Zwar erteilte die republikanische Mehrheit im Kongress trotz anfänglicher Skepsis ihre Zustimmung. Ein Grund war, dass Tillerson in einer Anhörung im Senat kritischere Töne gegenüber Russland fand als Trump. Im US-Außenministerium schmissen jedoch vier Top-Beamte nach einem Treffen ihren Job hin – oder wurden entlassen, je nachdem, wem man glaubt. Die Washington Post beschrieb ihren Abgang als größten Verlust institutionellen Wissens im State Department seit Jahrzehnten.
Der neue deutsche Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) ließ erklären, er wolle Tillerson „so schnell wie möglich“ treffen. Berichte über eine Reise in die USA schon nächste Woche wurden jedoch nicht bestätigt.
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