: Zu moderat für die Rechtsextremen
WECHSEL Apfel war erfolglos und vielen in der NPD zu lasch. Sein kommissarischer Nachfolger Pastörs neigt zu radikaleren Tönen
HAMBURG taz | Vor vier Jahren standen sie Seite an Seite. In einer Kampfabstimmung setzte sich Holger Apfel gegen den langjährigen NPD-Vorsitzenden Udo Voigt als neuer Chef durch – unterstützt von Udo Pastörs. Seitdem gelang Apfel, der 2004 in Sachsen erstmals nach 30 Jahren mit der NPD in einen Landtag eingezogen war, jedoch wenig.
Mit dem Motto „seriöse Radikalitat“ wollte er der Partei neuen Zulauf verschaffen. Ohne nachhaltige Erfolge. Unter ihm sank die Mitgliederzahl von über 6.000 auf 5.400. Auch eine Stabilisierung der Finanzen misslang. In Berlin sollen gerade hauptamtliche Mitarbeiter entlassen worden sein. Die Kündigungen sollen sie laut NDR-Info schon erhalten haben. Apfel wurde aus den eigenen Reihen zudem vorgehalten, das NPD-Verbotsverfahren nicht wenigstens propagandistisch zu nutzen.
Schon lange galt Apfel auch im Umfeld von Pastörs nicht mehr als Hoffnungsträger. Gerüchte, wonach Pastörs, der seit 2006 die NPD-Fraktion in Mecklenburg-Vorpommern führt, den Vorsitz übernehmen könnten, kamen verstärkt auf. Nicht ohne Grund – in der Partei war Apfel vielen zu moderat. Pastörs neigt zu radikaleren Tönen. Der bieder wirkende 62-Jährige erklärte, dass er den Landtag für eine „Quasselbude“ voll von „Banditen“ halte und meinte: „Machen wir den Anfang, mit einem Besen mit Stahlborsten werden wir den Müll … aus den Amtsstuben fegen“. Pastörs, der bei der verbotenen Wiking-Jugend schon mitmarschierte, bezeichnete 2009 beim „politischen Aschermittwoch“ der NPD in Saarbrücken die Bundesrepublik Deutschland als „Judenrepublik“, er warnte vor türkischen Männern als „Samenkanonen“ und empfahl, sich „mit Herz, mit Verstand“ und, wenn nötig, auch „mit Hand“ zu wehren.
In der Landtagssitzung zum Holocaustgedenktag 2010 rief Pastörs, als der SPD-Fraktionschef als eines der Ziele Hitlers die „Vernichtung des jüdischen Bolschewismus“ nannte, dazwischen, das sei doch „eine gute Idee“ gewesen. Seine Äußerungen brachten ihn auch vor Gericht. Aussagen von Pastörs finden sich zudem in der mehr als 1.000 Seiten starken Materialsammlung für das NPD-Verbotsverfahren wieder. Die Partei stört das nicht, auch nicht die Kameradschaftsszene. Die militanten Rechtsextremen jenseits der NPD schätzen ihn. Im Spätsommer 2014 soll die Neuwahl der Parteispitze erfolgen. Eine Position strebt Pastörs vorher schon an: die Spitzenkandidatur zur Europawahl. ANDREAS SPEIT