Zu Besuch in einer Brennpunktschule: Wer hat hier ein Problem?
Die Spreewald-Grundschule in Schöneberg geriet wegen angeblicher „Gewaltexzesse“ in die Schlagzeilen. Jetzt soll alles besser werden.
Für ein, zwei Monate lang im letzten Sommer war die Schöneberger Spreewald-Grundschule berühmt, nur leider nicht im Guten. Kleine Rückblende: Kurz vor den Ferien hatte die damalige Schulleiterin einen recht dramatischen und medial begeistert begleiteten Abgang hingelegt. Sie sprach von Gewalt, von handgreiflich werdenden Eltern, von Junkies, die von der nahen Drogenszene in der Kurfürstenstraße kämen und sich auf dem unübersichtlichen Schulhof in der Pallasstraße eingerichtet hätten. Und sie sagte, dass der Bezirk ihre Bitten nach einem Wachschutz und einem Zaun nicht erhöre.
Eine Tatsache, über die sich Schulstadtrat Oliver Schworck (SPD) an diesem Mittwochmorgen beim Pressegespräch im Theatersaal ebenjener Schule noch immer aufregen kann: „Hier brennt nicht der Baum. Und das war auch nie so“, sagt Schworck und richtet sich auf den zu kleinen Stühlen so gut auf, wie es eben geht. Und dass in seinen Gesprächen mit der Schulleiterin ein Zaun nie Priorität gehabt habe.
Nach den Sommerferien kam eine neue Schulleitung, alle atmeten einmal durch. Und am Mittwochvormittag schließlich lotste eine aufgeräumte Schulsenatorin Sandra Scheeres (SPD) im optimistisch gepunkteten Rock die neugierige Presse durch die Schule. Natürlich soll die von dem Spaziergang vor allem eines mitnehmen, nämlich dass man sich an dieser Schule „auf den Weg gemacht habe“, was sie, die Senatorin, sehr positiv stimme.
Zwischenstopp in einer ersten Klasse, die artig Malvorlagen über Frühblüher bearbeitet. Die Senatorin darf das nagelneue Tonstudio der Rap-AG einweihen. Schnell noch bei der 6b vorbei, die der Senatorin („Ich bin ehrlich berührt!“) in den Bänken stehend einen Popsong darbietet.
Ein wahrlich entschlossener Versuch der Positiv-PR? Umgekehrt!, heißt es später im Theatersaal von der neuen Schulleiterin Nana Salzmann und den ElternvertreterInnen. Die krasse Gewalt habe es nie gegeben.
Das düstere Bild, das im letzten Jahr von der Grundschule gezeichnet wurde: Am Ende nur der Hilferuf einer Schulleiterin, die mit den üblichen Parametern einer Schule in einem schwierigen Kiez – Armut, Bildungsferne, 98 Prozent Migrationshintergrund bei den Schülern – überfordert war?
Auflösen lässt sich der Widerspruch am Mittwoch nicht. Stadtrat Schworck rügt noch die Presse, die die Lage „dramatisch überzeichnet“ habe: „Ob das die Sache gerechtfertigt hat, wage ich zu bezweifeln.“ Die Schüler und Eltern habe die negative Berichterstattung jedenfalls sehr verunsichert. Zum Glück scheint die im Bezirksamt und bei der Bildungsverwaltung aber auch einige Kräfte frei gesetzt zu haben: Die Schule bekommt jetzt ein neues Leitbild – und einen 1,80 Meter hohen Zaun, als „Signal“ in Richtung Kurfürstenstraße.
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