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Zschäpe und Wohlleben im NSU-ProzessBefangenheitsanträge abgelehnt

Im NSU-Prozess scheitern die Verteidiger mit ihren Befangenheitsanträgen. Am Dienstag wird das Verfahren fortgesetzt – doch mit weiteren Anträgen ist zu rechnen.

Das Gericht hat die Befangenheitsanträge der Angeklagten Beate Zschäpe und Ralf Wohlleben zurückgewiesen. Bild: dpa

MÜNCHEN dpa | Im Prozess gegen die Neonazi-Terrorgruppe NSU hat das Oberlandesgericht München die Befangenheitsanträge der Angeklagten Beate Zschäpe und Ralf Wohlleben zurückgewiesen. Damit ist der Weg frei für eine Fortsetzung des Prozesses am kommenden Dienstag. Es gebe keine berechtigten Zweifel an der Unparteilichkeit der Richter, hieß es am Freitag in ähnlicher Form in den beiden Beschlüssen.

Am ersten Verhandlungstag hatten die Verteidiger Wohllebens und Zschäpes Ablehnungsanträge gegen insgesamt drei Richter des Senats gestellt. Daraufhin hatte das Gericht entschieden, die Verhandlung zu unterbrechen.

Zschäpes Verteidiger hatten den Vorsitzenden Richter Manfred Götzl abgelehnt, weil dieser angeordnet hatte, dass auch die Verteidiger vor Betreten des Saals durchsucht werden – im Gegensatz etwa zu den Vertretern der Bundesanwaltschaft. Damit sollte verhindert werden, dass die Anwälte – möglicherweise unwissentlich – Waffen oder verbotene Gegenstände in den Saal bringen.

Für diese Unterscheidung gebe es jedoch Gründe, so das Gericht: Die Verteidiger befänden sich in einem „besonderen Näheverhältnis“ zu den Angeklagten. Die Entscheidung begründe kein Misstrauen in die Unvoreingenommenheit des Vorsitzenden.

Wohllebens Verteidiger hatten ihren Antrag unter anderem damit begründet, dass das Gericht für ihn keinen dritten Pflichtverteidiger bestellt hatte – im Gegensatz zur Hauptangeklagten Zschäpe, die von drei Anwälten verteidigt wird. Auch das sei begründet, entschied das Gericht: Die Vorwürfe gegen Zschäpe seien schwerwiegender.

Wohlleben ist wegen Beihilfe zu neun Morden angeklagt. Der ehemalige NPD-Funktionär soll den Terroristen des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) die Pistole vom Typ Ceska besorgt haben, mit der neun Geschäftsleute türkischer und griechischer Herkunft ermordet wurden. Zschäpe hingegen ist als Mittäterin bei sämtlichen Taten des NSU angeklagt.

„Die Zurückweisung des Ablehnungsgesuches überrascht uns nicht, da solche Anträge in der Tatsacheninstanz selten Erfolg haben“, sagte Zschäpes Verteidiger Wolfgang Heer. Der Vorsitzende habe „die Gelegenheit vertan, sich in seiner dienstlichen Äußerung mit den Bedenken von Frau Zschäpe hinsichtlich seiner Unparteilichkeit auseinanderzusetzen und diese auszuräumen“.

Am kommenden Dienstag soll der Prozess gegen Zschäpe und vier mutmaßliche Helfer des NSU fortgesetzt werden. Zschäpes Verteidiger Heer hatte bereits am Montag einen weiteren Antrag auf Aussetzung des Verfahrens angekündigt. Vertreter von Angehörigen hatten der Verteidigung vorgeworfen, sie wolle das Verfahren verzögern.

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15 Kommentare

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  • T
    treibsand

    @ Gerd-F

     

    Es gibt etwa vier im Umlauf befindliche Grund-VTs, die sich teilweise überschneiden/ergänzen:

     

    1. Morde wurden nicht von NSU begangen, sollen aber NSU angelastet werden, um Bürgerrechte weiter einschränken zu können. Statt linker Bedrohung nun rechte Bedrohung. Danach waren gehen die Morde auf das Konto OK bzw. türkischer Sicherheitsdienste

     

    NSU als Erfindung des VS mit verschiedenen Zielsetzungen.

     

    1a: NSU-Mitglieder waren selbst V-Leute (Honeypot) und gingen geplant in den "Untergrund". Sie begingen die Morde nicht, aber die Banküberfälle. Die nicht aufgeklärten Banküberfälle waren danach eine Art indirekte Bezahlung für Honeypot-Untergrund

     

    1b: NSU wurde in den Untergrund gedrängt durch Strafandrohung und wurde z.B. für NPD-Verbotsverfahren in Reserve gehalten.

     

    2. Die offizielle Version: NSU mordete jahrelang unerkannt und überfiel Banken, ohne gefasst werden zu können trotz dichtem V-Leute-Umfeld, Selbstmord MM war danach echt

     

    3. Rechtsgerichtete/durchgeknallte VSler bzw. Staat im Staat provozierten und unterstützten eigenmächtig das Morden und schützten mordende NSU vor Enttarnung bis NSU nutzlos/gefährlich wurde, Mundlos/Böhnhardt als Mitwisser ermordet, Ziel: Abwehr des linken, islamistenfreundlichen Gesinnungsstaates

     

    4. Es geht nur um den Kölner Anschlag als Gladio-Operation, um ein Klima der Angst zu erzeugen bzw. Konflikte innerhalb der islamischen Einwanderung/Strategie der Spannung. Deutsche Behörden versuchten, das Kölnattentat NSU anzulasten, "Dönermorde" und Polizistenmord nur Ablenkung.

     

    Keine dieser Theorien ist letztlich widerspruchsfrei (selbst abzüglich klar erkennbarer Desinformation).

  • G
    Gerd-F

    Sebastian Edathy, Sebastian Edathiparambil was sagte dieser zum Agentenführer & V-Mann "Klein-Adolf"?

     

    "Bringen Sie irgendeine Version, die konsistent ist und realistisch." ... ich hatte hier versucht Dönerfragen-2012 anzusprechen, leider erfolglos.

  • T
    treibsand

    Noch einmal: Glauben Sie, GerdF, dass Sie Neuigkeiten bringen und alle Taz-Leser das Denken abschalten, nur weil es gegen Nazis geht und Edathy (SPD) Verstrickungen der Dienste ausschließt?

     

    Mit Gladio, Schmücker oder den ungeklärten RAF-Morden herumzuwedeln, reicht nicht. Bringen Sie irgendeine Version, die konsistent ist und realistisch.

     

    Mehr ist eh nicht drin. Dass Staat kein Interesse an Ermittlungen gegen sich selbst hat, dürfte klar sein. Wir sind nicht in Italien.

  • G
    Gerd-F

    Niemand hier erkennt, dass die NSU ein Stückchen Gladio ist

  • T
    treibsand

    @ GerdF

     

    Unterschätzen Sie Ihren politischen Gegner nicht. Auch etlichen Linken ist klar, daß die NSU-Sache oberfaul ist. Junge Welt berichtet regelmäßig über die Luxemburger Bombenleger.

     

    Nur, was soll das, ohne harte Beweise zu spekulieren; keine Version ist wirklich schlüssig. Die Untersuchungsausschüsse haben nichts gebracht. Auch der Prozess wird wohl nichts aufklären.

     

    Warum hätte der VS nicht die 37er Grenzen verwenden sollen? Warum überhaupt Pink Panther? Pannen? Dort arbeiten Profis.

  • G
    GerdF

    "Tatsacheninstanz" ... wo die die sogenannte Linke über das Celler-Loch Stöckchen des imperialen Zuchtmeisters spring und wie blöde bellt & beist.

     

    Schaltet doch mal Gehirn ein und fragt euch ob ein Nationaler jemals die False-Flag NSU-DVD-Deutschlandtour in den Grenzen von Trizonesien machen würde!

    Da hätten die Rechteinhaber der NSU-DVD und ihre Video-Firmen wohl doch eher eine plausibelere Landkarte benutzen sollen.

     

    Aber eine "Linke" Opposition welche dem Regime den Amoklauf von Winnenden abkauft ...

  • V
    viccy

    @ FaktenStattFiktion

    Für ein "in dubio pro reo" ist frühestens *nach* der Beweisaufnahme Raum. Bis dahin dauert es noch ein bisschen...

     

    Wenn Du "den Medien" eine Vor-Verurteilung attestierst, müsstest Du Dir selbst konsequenterweise eine Vor-Freisprechung bescheinigen ;-)

  • S
    Stimpy

    Sehr gelungener Kommentar, Herr Hobbykritiker...

    aber warum hält er sich denn dann noch immer hier auf, anstatt mit gesund negativer Einstellung die Deutsche Stimme zu zelebrieren?

     

    Nun, wenn er es nicht lassen kann, hier, was zum erfreuen.. es geht um Sex!

     

    http://www.taz.de/Insekteninvasion-in-den-USA/!115947/

  • T
    treibsand

    Unschuldsvermutung und Recht auf uneingeschränkte Verteidigung sind Teil römischer Rechtskultur seit zwei Jahrtausenden.

     

    Die Begründung eines "Näheverhältnisses" zwischen Verteidigung und Angeklagter, um Durchsuchungen der Anwälte zu rechtfertigen, hat mit dieser Rechtstradition nichts zu tun.

     

    Schade, dass Taz nicht die nötige kritische Distanz zum Prozess und die Kraft einer eigenständigen, ungefärbten Analyse aufbringt.

  • R
    Rosa

    Ach schön, dass unsere NSU-Freunde auch wieder den Weg zur taz geschafft haben.

  • IR
    Ihr Richard Georg Albrecht Graf von Albrechtshaus

    Hallo taz.de - macht es BITTE Besser BITTE

     

    Die Berichterstattung über NSU-Prozess ist zum teil Unerträglich ! Da wirrt über die Kleidung der Frau Beate Zschäpe hin und her Berichtet. Wann kommt die erste Werbung in der Bild " Zeitung " wie z.B. Glänzende Harre wie Beate - Nur mit " Döner Killer " ?

  • IN
    Ihr neuer Pappsi

    haben die Türken was anderes geschrieben, oder war das aufwendige Stühlegeschiebe nur dem Motto geschuldet, "dabeisein ist Alles" ?

     

    solange nichts weiter passiert: Zwischendrin könnten die überflüssigen Journalisten auch mal die Straße kehren und den Klo putzen.

  • AG
    Alle Gefangenen sitzen illegal

    Befangen ist jeder Richter doch schon allein deswegen, weil die Staatsanwaltschaften in denselben Gebäuden unterbracht sind wie die Gerichte; von wegen Gewaltenteilung. Und da es nie zum vereinbarten Referendum über die Verfassung gekommen ist, gibt es keine, somit sind auch alle Gesetze ungültig.

  • TK
    TAZ Kritiker

    Jede zweite "News-Seite" in dieser inkompetenten TAZ-Schülerzeitung beginnt mit NSU-, Nazi-, Faschismus-, etc. Slogan...

    Einfach nur unerträglich und widerlich!

    Die Vergangenheit wird euch noch einmal einholen, ganz bestimmt, spätestens dann, wenn ganz Europa brennen wird...

  • F
    FaktenStattFiktion

    Die Urteile stehen doch schon fest. Welcher Richter kann es sich leisten,

    in dubio pro reo zu entscheiden und Beate Zschäpe nicht in den Bau zu stecken?

     

    Die mediale Hetze ist an jeder Ecke zu sehen - das kann kein fairer Prozess werden.

    DDR 2.0 - und es wird laufend schlimmer.