piwik no script img

Zoos vor GerichtSchachern um Reibach mit Knut

Der Zoologische Garten Berlin und der Zoo Neumünster streiten um Eisbär Knut. Wem gehört er wirklich? Und was bedeutet das am Ende?

Zuschauermagnet Knut 2007 ... Bild: dpa

BERLIN taz | Wenn Models in die Jahre kommen, dann verstößt sie die Schönheitsindustrie: Sie bringen schließlich keine Einnahmen mehr. Die Beautys von einst müssen sich ein anderes Aufgabenfeld suchen, Tierschutz zum Beispiel oder Afrika. Sonst werden sie schlicht vergessen. Wer weiß schon, was Twiggy heute macht? Sehen Sie - so läuft das im Business mit Menschen.

Dahingegen erwies sich das Tiermodelgeschäft am Dienstag als Ausbund der Menschlichkeit - zumindest auf den ersten Blick. Der Berliner Zoo und der Tiergarten Neumünster streiten vor dem Landgericht Berlin darum, was so ein Bär eigentlich wert ist.

Berlin bot 350.000 Euro, damit Knut Berliner bleiben darf, der Tierpark Neumünster hingegen will 700.000 Euro und pocht weiter darauf, dass Knut schließlich nur gezeugt wurde, weil die Schleswig-Holsteiner Knuts Vater, Lars, einst nach Berlin ausliehen. Laut damaligem Vertrag gehöre der erste Nachwuchs dem Tierpark Neumünster.

Eine bizarre Vaterschaftsklage. Die Vaterseite gewinnt also durch Zeugung das Recht am Kind? Gut, Mutter Tosca hatte Knut verstoßen, aber immerhin fand er Schutz beim Ziehvater Thomas Dörflein.

Und Berlin hat aus seinem Star wirklich alles rausgeholt: mit Knebelverträgen für die Presse versuchte der Zoo unliebsame Berichterstattung von Knut fernzuhalten.

Weiter verhalfen sie Knut zu einem Auftritt an der Seite von Leonardo DiCaprio auf der amerikanischen Vanity Fair. Und Videos und Fotos von ihm auf der Zoo-Homepage stammen fast nur aus Knuts Jubeljahr 2007 - da war er noch jung und niedlich. Werden Tiermodels anders als Menschenmodels im Alter von ihren Paten geschützt?

... und 2009. Bild: dpa

Oh, nein! Auch Neumünster will Knut keineswegs nach Hause holen: Im Gegenteil. Der Tierpark will nur am Gewinn beteiligt werden, den Knut erwirtschaftet hat. 2007 sollen es zwischen 5 und 7 Millionen Euro gewesen sein.

Vor dem Landgericht wollte der Zoo Neumünster ursprünglich den genauen Gewinn feststellen lassen, um seinen Anteil abzuschätzen. Die gemachten Gewinne aber sehen die Berliner als ihren ganz eigenen Verdienst an.

Die Richter hoffen nun, mit einem formellen Verkauf die ganze häßliche Geschichte endgültig aus der Welt schaffen zu können. Für die Preisverhandlungen haben sie eine Frist bis zum 13. Juli gesetzt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • A
    Antonietta

    Die Zucht in Gefangenschaft sorgt für einen Überschuss an Tieren. Babys sind nämlich Kassenmagneten und ziehen massenweise Besucher an, die zusätzlich zum Eintrittsgeld auch noch Geld in den Geschenkeshops und Snackbars der Zoos ausgeben.

     

    Zoos können vielleicht größere und feudalere Anlagen bauen, aber es sind und bleiben doch Gefängnisse. Viele "Verbesserungen" sind eher kosmetischer Art und dienen eher den Besuchern als den Tieren. Die meisten Tiere in Gefangenschaft leiden unter Frustration und Langeweile. Anstatt Millionen darauf zu verschwenden, Unmengen an Tieren einzusperren, sollten wir uns für die Erhaltung und Wiedereinrichtung dessen einsetzen, was wir Menschen den Tieren genommen haben: ihren ursprünglichen Lebensraum.

  • BK
    Barbara Kirsch

    Was für ein Theater um einen Bären, der eigentlich gar nicht leben dürfte (wenn ich mich recht an die Aufregung erinnere, daß ein Eisbär von einem Menschen großgezogen werden sollte...). Aber so bleibt der Bär in der Presse und die Kassen klingeln weiter.