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Zitterpartie für Aznar

■ Die katalanischen Nationalisten schrauben ihre Forderungen in die Höhe

Madrid (taz) – Auch zwei Tage nach den spanischen Parlamentswahlen ist keine mögliche Regierung in Sicht. Will der konservative Wahlsieger José Maria Aznar von der Volkspartei (PP) eine Mehrheit zusammenbekommen, dann muß er in einen äußerst sauren Apfel beißen, darüber lassen die katalanischen Nationalisten der Convergència i Unió (CiU) keinen Zweifel aufkommen.

„Die Volkspartei muß ein für allemal anerkennen, daß Spanien ein Vielvölkerstaat und Katalonien eine eigenständige Nation ist“, forderte CiU-Sprecher Pere Esteba gestern in Barcelona. Das aber wäre ein radikaler Schwenk, der für den spanischnationalistischen Aznar so gut wie unmöglich ist.

Und so bleibt die Drohung der CiU, sich mit ihren 16 Abgeordneten im neugewählten spanischen Parlament nicht einmal dann der Stimme zu enthalten, wenn es um die Ernennung der Regierung Aznar geht, sondern sie abzulehnen.

Dies aber heißt, daß Aznar nicht einmal eine einfache Mehrheit auf sich vereinigen kann. Die Initiative für die Regierungsbildung ginge dann an die stärkste Oppositionskraft über, an die PSOE vom bisherigen Regierungschef Felipe González. Sollte auch diese Formation am Parlament scheitern, müßten Neuwahlen ausgerufen werden.

Auch mit den baskischen Nationalisten von der PNV wird es José Maria Aznar nicht viel leichter haben. Die Forderung der PP nach Streichung aller Hafterleichterungen für ETA-Gefangene stößt dort auf Widerstand. Die Aussicht auf eine soziale Wiedereingliederung nach der Verbüßung einer Zweidrittelstrafe sei ein wichtiges Instrument, um der ETA beizukommen.

Die spanische Börse und die Peseta reagieren derweil mit einem starken Kursverfall. Von der Stabilität, die Aznar im Wahlkampf versprochen hat, ist Spanien weit entfernt. PSOE-Vize Alfonso Guerra platzte fast vor Schadenfreude: „Noch nie war eine Niederlage so süß und noch nie ein Sieg so bitter.“ Reiner Wandler

Siehe auch Portrait Seite 11

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