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Zerstörung nach Zyklon in MosambikBis zu 100.000 könnten ertrinken

In Mosambik hat Wirbelsturm „Idai“ die Stadt Beira zerstört. Viele Überlebende haben alles verloren. Tausende sind in Gefahr.

Überlebt: Eine Frau in den überfluteten Straßen von Beira, das von „Idai“ schwer getroffen wurde Foto: Josh Estey/CARE / dpa

MAPUTO taz | Sollten sich die Prognosen bewahrheiten, dass der Tropensturm Idai im südlichen Afrika 1.000 Tote produziert hat, wäre er der vermutlich tödlichste in der Geschichte der Region. Auf jeden Fall zieht sich eine Spur der Verwüstung durch Teile Malawis, Mosambiks und Simbabwes, und die Ausmaße der Zerstörung werden erst jetzt allmählich sichtbar.

Mehrere tausend Menschen werden mittlerweile vermisst und sind mutmaßlich tot. Bis zu 100.000 könnten ertrinken, sollten sie nicht innerhalb kürzester Zeit gerettet werden, schätzen Hilfswerke.

„Die Lage, wie sie sich heute darstellt, ist schauerlich“, sagte am Dienstag Machiel Pouw, Einsatzleiter von „Save the Children“ in Mosambik. „Tausende von Menschen lebten in Gebieten, die jetzt komplett von Wasser bedeckt sind. Vielerorts sieht man nicht einmal mehr Dächer oder Baumkronen über den Fluten. Anderswo hängen die Menschen an Dächern und warten auf Rettung.“

Die Kleinstadt Buzi mit rund 5000 Einwohnern, warnte er, könnte innerhalb von 24 Stunden komplett unter Wasser stehen, da das Hochwasser in den von Starkregen und Dammbrüchen angeschwollenen Flüssen erst noch im Anlauf

Am schwersten betroffen ist bisher die mosambikanische Stadt Beira am Indischen Ozean, wo der Sturm am Donnerstagabend auf Land traf. 90 Prozent der Stadt, sagen Hilfswerke, sind zerstört. Mosambiks Präsident Felpe Nyusi besucht Beira am Montag und sagte, die Auswirkungen des Zyklons seien verheerend.

„Die Infrastruktur ist vollständig zerstört“, sagt Marc Nosbach, Landesdirektor der Hilfsorganisation Care. „Seit Donnerstag gibt es keinen Strom mehr. Telefon und Internet sind ausgefallen.“ Die Straßen nach Beira seien sämtlich durch Geröll und umgestürzte Bäume blockiert.

Beira ist mit 530.000 Einwohnern die viertgrößte Stadt Mosambiks. Im Hafen werden Agrargüter und Steinkohle umgeschlagen. Die Hafenanlagen und Lagerhäuser sind jetzt beschädigt. Die Notaufnahme des Zentralkrankenhauses ist nicht mehr funktionsfähig. Viele Menschen suchten Zuflucht auf den Dächern ihrer Häuser und auf Bäumen, als die Fluten durch die Stadt rissen.

Mosambik, Malawi und Simbabwe sind nicht von ungefähr die ärmsten Länder des südlichen Afrika, und sie hoffen nun auf regionale Solidarität

„So etwas habe ich noch nie erlebt“

Offiziell sind in Beira über 200 Menschen getötet worden, aber Nichtregierungsorganisationen sagen, das sei nur ein Bruchteil der Realität. Die Schäden können bislang nur aus der Luft bilanziert werden. Einen Erkundungsflug hat das Rote Kreuz unternommen.

„Es ist schrecklich“, sagte danach Jamie LeSueur, Teamleiter der Internationalen Rotkreuzföderation IFRC in Beira. „Das Ausmaß der Zerstörung ist enorm. Es scheint, als seien 90 Prozent des Gebiets komplett zerstört. Fast alles ist kaputt, auch Kommunikationsmittel und Straßen. Manche Gemeinden sind nicht mehr zugänglich. Wir hören auch, dass die Lage außerhalb Beiras noch schlimmer sein könnte. Ein großer Damm ist übergelaufen und hat die letzte Straße in die Stadt abgeschnitten.“

Die meisten Einwohner haben sich inzwischen in Notlagern gesammelt. „Der Zyklon hat unsere Häuser zerstört. Wir haben alles verloren. Ich bin froh, dass ich mit meinen zwei Kindern fliehen konnte“, sagt die 39-jährige Leila Naimo.

Antonio Mutola ist ein weiterer von vielen Bewohnern Beiras, die jetzt in Notlagern ausharren und sich gut an frühere Wirbelstürme erinnern können. „Zyklon ‚Eline‘ aus dem Jahr 2000 ist noch frisch in meinem Gedächtnis“, erzählt er. „Damals verlor ich mein Haus und alles, was ich besaß. Aber so etwas wie dieses Mal habe ich noch nie erlebt. Das Wetter war einfach böse. Menschen sind gestorben, weil Straßenmasten auf sie fielen, oder weil sie von Felsbrocken erschlagen wurden.“

Suche nach Überlebenden muss erst anlaufen

Ein Helfer in dem Notlager berichtet, dass es zu wenig Nahrung, Kleidung und Decken gibt. „Es ist eine Katastrophe. Wir sind am Rande unserer Kapazitäten.“ Das Lager wurde vergangene Woche kurz vor dem Eintreffen des Sturms eingerichtet.

Gemeinschaftsführer Lewis Simao weist darauf hin, dass die Bevölkerung Beiras ohnehin schon viele Krisen hinter sich hat – zuletzt jahrelange Dürre, dann wieder schwere Regenfälle. „Die Opfer sind jetzt schwer traumatisiert“, meint er. „Der Schaden, den ‚Idai‘ in der bereits gestressten Gemeinschaft anrichtet, wird emotionale Wunden aufreißen.“

Menschenrechtsgruppen fordern, als erstes nach Überlebenden zu suchen, die möglicherweise noch in den Fluten oder in den Ruinen ausharren. Dann müssten die Grundbedürfnisse der Menschen erfüllt werden. Das IFRC-Team in Beira hat Obdach, Gesundheits- und Wasserversorgung, sanitäre Einrichtungen und Hygiene als die obersten Prioritäten identifiziert. Das UN-Kinderhilfswerk Unicef weist darauf hin, dass die Hälfte der Betroffenen Kinder sind.

Hoffnung auf Hilfe aus den Nachbarländern

Nicht nur in Mosambik, auch in Malawi und in Simbabwe ist der Hilfsbedarf enorm. Die drei Länder sind nicht von ungefähr die ärmsten des südlichen Afrika, und sie hoffen nun auf regionale Solidarität. Südafrikas Streitkräfte helfen bereits bei den Rettungsoperationen. Südafrikas Ministerin für internationale Zusammenarbeit, Lindiwe Sisulu, sagte, alle südafrikanischen Diplomaten seien angewiesen worden, Hilfe für die drei Länder zu mobilisieren.

„Die Entwicklungsgemeinschaft des Südlichen Afrika (SADC) und die internationale Gemeinschaft müssen die notwendigen Mittel bereitstellen, um den Rettungsaktionen in den betroffenen Ländern zur Seite zu stehen“, sagte Muleya Mwananyanda, Vizedirektorin von Amnesty International für das südliche Afrika. „Die Führer der Region und wohlhabendere Länder müssen effektive Frühwarnsysteme, Notfallvorsorge und Klimawandelstrategien unterstützen, um Leben zu retten.“

Mami Mizutori, UN-Sonderbeauftragte für Katastrophenvorsorge, sagte allerdings, bessere Frühwarnsysteme reichten nicht. „Egal wie effektiv gewarnt wird: Es sind mehr Investitionen in gute Infrastruktur nötig, um den Teufelskreis von Katastrophen und Hilfe zu durchbrechen. Zyklon „Idai“ ist ein Beleg dafür, wie tief liegende Städte den Auswirkungen des Klimawandels ausgesetzt sind.“

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