piwik no script img

Zensur in KubaBloggerin Sánchez festgenommen

Vor Beginn des Prozesses um den Tod des Dissidenten Payá geht Kuba gegen Oppositionelle vor. Auch gegen die bekannte Bloggerin Yoani Sánchez.

Yoani Sánchez spricht 2009 in Havanna mit Journalisten. Bild: dpa

BERLIN taz | Der kubanische Journalist García Ginarte war der Erste, der über die Festnahme von Yoani Sánchez im Lokalradio von Bayamo berichtete. Kubas international bekannte Bloggerin, die jahrelang auch Kolumnen für die sonntaz schrieb und unter anderem für die spanische Zeitung El País berichtet, ist am Donnerstagabend gemeinsam mit ihrem Mann Reinaldo Escobar, einem unabhängigen Journalisten, festgenommen worden.

Das Paar wollte dem Prozess gegen Ángel Carromero beiwohnen, den spanischen Jungpolitiker, der Ende Juli den Unfallwagen lenkte, in dem unter anderen der bekannte Dissident Oswaldo Payá ums Leben kam. Carromero wird Fahrlässigkeit unterstellt, und darauf steht in Kuba eine Haftstrafe von bis zu zehn Jahren. Sieben Jahre hat die Staatsanwaltschaft im Vorfeld des Prozesses gefordert, der am Freitag in Bayamo beginnen sollte und zu dem zahlreiche Dissidenten aus allen Landesteilen reisen wollten.

Darunter auch die Witwe Payás, Ofelia Acevedo, und seine Tochter Rosa María Payá. Die beiden haben in zahlreichen Interviews die offizielle Darstellung der Unfallursache, überhöhte Geschwindigkeit, als unwahr bezeichnet und behauptet, dass ein zweites Fahrzeug in den Unfall verwickelt gewesen sei. Das habe den Wagen, in dem Oswaldo Payá saß, gerammt und von der Fahrbahn befördert. Beweise für diese Version des Unfallhergangs gibt es laut den kubanischen Behörden nicht.

Die Behörden haben Sánchez und Escobar festgenommen, um eine „Medienshow“ vor Gericht zu unterbinden, berichtet der Radiojournalist García Ginarte. Diese Einschätzung deckt sich mit jener des offiziellen Bloggers Yohandri, der dem kubanischen Staatsschutz zugerechnet wird. Der behauptet auf seiner Seite, dass Yoani Sánchez und ihr Mann Anweisungen aus der US-amerikanischen Interessenvertretung erhalten hätten, „um dem Prozess zu schaden“. Vorwürfe, die immer wieder von offizieller Seite gegen die bekannte Bloggerin ins Feld geführt werden. Der Blogeintrag von Yohandri ist mit „Made in USA“ und einer Montage von Sánchez mit US-Flagge übertitelt.

„Illegale Berichterstalltung“

Sánchez hat erst vor wenigen Wochen gegen das kubanische Innenministerium geklagt, weil ihr immer wieder die Ausreise verweigert worden war, und auch die regelmäßige Berichterstattung für die spanische El País ist laut den kubanischen Behörden „illegal“.

Gründe, weshalb die Reise von Sánchez und ihrem Mann nach Bayamo von Beginn an beobachtet wurde. Per Handy hatte Yoani Sánchez noch am Donnerstagabend von unterwegs getwittert: „Schon wieder werden wir angehalten, und unser Auto wird besprüht. Ich frage den Polizisten, ob das wegen des Denguefiebers ist. Er schweigt.“

Auch andere Oppositionelle wurden beobachtet und festgenommen, darunter der Blogger Agustín Díaz, der kritische Rapper Ángel Yunier Remón „El crítico“ und eine weitere Aktivistin namens Yoandri Gutiérrez.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • E
    El_Cubano

    @Anna: Sie scheinen mir die Maßsstäbe aus den Augen verloren zu haben. In Kuba sitzen tausende politische im Gefängnis und tausende haben ihr Leben verloren, weil sie dem Gefängnis entfliehen wollten. Stuttgart mit Kuba zu vergleichen ist nun wirklich das Lächerlichste was ich seit langem gehört habe.

     

    @libra12: Mit dem Vorwurf, die kubanische Opposition wäre mit den USA verbunden/gelenkt machen Sie sich den demagogischen Diskurs der Castros zu eigen. Zu den Misständen: Siehe oben.

  • A
    Anna

    Also allein in Stuttgart gibt es mehr politisch verfolgte als auf ganz Kuba. Wieviele Demonstranten wurden verletzt, festgenommen und verklagt seit den Demonstrationen gegen Filz und Vetternwirtschaft in Stuttgart? Kuba scheint direkt ein Paradies zu sein, wenn immer nur von ein paar Schikanen gegenüber Frau Sanchez gesprochen wird. Auch vor Verzweiflung Hungerstreikende gibt es in Deutschland, Mütter, die vor Armut und Übervorderung ihre Kinder töten. Keine Ahnung, warum die Taz aber immer noch meint, bei uns würden Menschenrechte besser geschützt als auf der kleinen sozialistischen Insel.

  • J
    jup

    Meldung in latina-press:

     

    "Auf Kuba sind die oppositionelle Bloggerin Yoani Sánchez und ihr Mann Reynaldo Escobar nach 30 Stunden Freiheitsentzug wieder freigelassen worden. Die bekannte Dissidentin dankte am Freitag in einer Botschaft auf dem Kurznachrichtendienst Twitter “all jenen, die ihre Stimme erhoben haben”.

  • L
    libra12

    Lieber Knut,

     

    schöner Bericht über die kubanische Opposition. Aber wie wäre es, wenn Sie sich auch darüber auslassen, wofür diese Opposition steht, wogegen sie kämpft? Welches sind die krassen Missstände in Kuba?

     

    Opposition kann tatsächlich viele Ziele haben, und dass diese irgendwie mit den USA verbandelt ist, ist doch vielleicht gar nicht so weit hergeholt. Wie würden wohl Castro-Unterstützer in den USA behandelt werden?