piwik no script img

Zensur in AlgerienArmee von Buch verletzt

Die algerische Regierung verbietet ein staatskritisches Buch von Mohamed Benchicou und droht ihm mit Knast.

Algier 2005: Kollegen protestierten für die Freilassung Benchicous. Bild: dpa

Algeriens Behörden bestimmen, was das Volk lesen darf. Die Bücher von Mohamed Benchicou gehören nicht dazu. Der Autor und Journalist ist auf der diesjährigen Buchmesse in Algier nicht dabei; sein neuestes Werk, "Journal eines freien Mannes", wurde wenige Tage vor Eröffnung der Buchmesse verboten. Benchicou analysiert darin die vergangenen beiden Jahre der algerischen und französischen Politik. Die Polizei stoppte sofort den Druck.

"Das ist Zensur wie im Mittelalter", schimpft Benchicou. Er habe das Buch bei der Nationalbibliothek angemeldet und ganz offiziell eine ISBN-Nummer erhalten. Kulturministerin Khalida Toumi aber, einst selbst Oppositionelle, bevor sie unter Staatspräsident Abdelasis Bouteflika in die Regierung eintrat, verurteilt das Buch: Es verstoße gleich gegen mehrere heilige Grundsätze algerischer Politik. Da Benchicou die für die Repression in Algerien zuständigen hohen Offiziere mit jenen der französischen Kolonialverwaltung vergleiche, "banalisiert das Buch die Gräuel des Kolonialismus", zudem verletzte es "die Ehre der Armee und Polizei". Die algerische Regierung, für ihre palästinafreundliche Haltung bekannt, beschuldigt den Autor gar des "Antisemitismus". Weil er dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy vorwirft, von der proisraelischen, jüdischen Lobby unterstützt zu werden.

Es ist nicht das erste Mal, dass Benchicou unliebsame Bekanntschaft mit den Behörden macht. Bis 2004 war der streitbare Journalist Herausgeber der algerischen Tageszeitung Le Matin. Als das Blatt allzu kritisch wurde, etwa Staatspräsident Abdelasis Bouteflika und dessen Umfeld der Korruption beschuldigte, wurde das Erscheinen untersagt. Benchicou wurde daraufhin zu zwei Jahren Haft verurteilt.

2006 kam er wieder auf freien Fuß und unterhält seither die Website www.lematindz.net, in der er versucht die verbotene Le Matin weiterzuführen. Als Benchicou im vergangenen Jahr ein Buch über seine Erfahrung mit algerischen Gefängnissen vorlegte, wurde auch dieses verboten, der Stand auf der Buchmesse 2007 geschlossen. Benchicou, der die Unterstützung der algerischen Journalistengewerkschaft sowie internationaler Berufsverbände genießt, will trotzdem nicht klein beigeben. Sein Journal dun homme libre erscheint nächsten Monat in Frankreich. Das Ministerium warnte ihn bereits, dass ihm diese Entscheidung weitere zwei Jahre Haft kosten könnte.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!