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Zensur an der SchulePazifismus doch okay

Lange Zeit waren die Internetseiten der Anarcho-Zeitschrift "Graswurzelrevolution" an Schulen gesperrt. Warum?

Schulfilter plus verhinderte den Zugriff auf die Webseiten von Graswurzelrevolution. Bild: screenshot www.graswurzel.net

Da staunte Felix H. nicht schlecht. Als sich der 17-jährige Schüler die Internetseite der anarcho-pazifistischen Zeitschrift Graswurzelrevolution ansehen wollte, war die Seite gesperrt. Der Grund: Seine Schule verwendet den "Schulfilter plus". Und dort war die Website www.graswurzel.net eingeordnet in die Kategorie "Politisch extrem/Hass/ Diskriminierung". Genau das wurde nach zahlreichen Beschwerden jetzt geändert.

"Absurd" sei die Einordnung gewesen, sagt Bernd Drücke, Koordinationsredakteur der Zeitschrift, die seit fast 37 Jahren herausgegeben wird von Menschen, die in sozialen Bewegungen aktiv sind. Was in der Graswurzelrevolution stehe, sei "genau das Gegenteil von Diskriminierung und Hass".

So sieht das auch Klaus Farin, Leiter des Berliner Archivs der Jugendkulturen. Die Zeitschrift verfolge das Ziel, "ihre Leserinnen und Leser zu eigenem, kritischem Engagement zu motivieren, die Demokratie aktiv zu beleben". Selbst bei den Machern des Schulfilters war man mit der Einordnung der Website unzufrieden. Die "Vermischung der drei Kategorien" sei nicht sinnvoll, sagt Johannes Karl von der Stiftung "Time for Kids Foundation", die den Internetfilter bewirbt. Jedoch würden im Schulfilter verschiedene Listen mit Websites und entsprechender Kategorien verwendet, die von anderen Unternehmen eingekauft würden. Man wolle aber auf eine Änderung der Kategorien hinwirken.

Herausgekommen ist nun ein Kompromiss: Die Kategorie besteht zwar weiterhin, aber die Zeitschrift wurde davon ausgenommen. Den Vorwurf der Zensur will man sich nicht gefallen lassen: "Der Schulfilter selbst sperrt nicht", heißt es auf Anfrage der taz. Geliefert werde bloß eine Liste mit sechs Milliarden Internetseiten und 71 Kategorien. "Jede Schule kann selbstständig entscheiden, welche dieser Kategorien gesperrt werden sollen und welche nicht." Für die Graswurzelrevolution ist das nun kein Problem mehr. Am Wochenende sollen bei einem Treffen der Herausgeber die Sektkorken knallen.

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4 Kommentare

 / 
  • S
    Steffen

    @Mdhshsdh:

     

    Sie sagen NICHTS über die Zeitschrift "Graswurzelrevoluton" aus, dafür offenbaren Sie viel über sich selbst, nämlich, dass Sie sich mit den Inhalten dieser Zeitschrift nicht vertieft auseinandergesetzt haben. Hätten Sie das getan, hätten Sie festgestellt, dass die Zeitschrift "Graswurzelrevoultion" den Staat als Institution ablehnt und daher jede "Tyrannei des Staates" zwangsläufig bekämpft. Inwiefern die Zeitschrift Gewalttätern "applaudiert", begründen Sie ebenfalls nicht!

     

    Fazit: Bevor Sie Kommentare veröffentlichen, recherchien Sie bitte, informieren Sie sich bitte!

     

    http://www.graswurzel.net/ueberuns/gwr-kurz.shtml

  • MM
    Matthias Mersch

    “Seine Schule verwendet den 'Schulfilter plus'. Und dort war die Website www.graswurzel.net eingeordnet in die Kategorie 'Politisch extrem/Hass/ Diskriminierung'. Genau das wurde nach zahlreichen Beschwerden jetzt geändert.”

     

    Je komplexer Welt und Medienwelt zu werden scheinen, desto einfacher die Lösungen der Gesellschaft: Vor allem Verbote aussprechen, Etiketten verteilen und wegsperren, egal, ob es sich dabei um Pistolen, Gedanken oder Menschen handelt.

     

    Taz-Leser Mdhshsdh mag die “Graswurzelrevolution” offenbar nicht, aber das ist eben seine Meinung, die Grundgesetz sei dank noch nicht zu einem Verbot des Onlineauftritts geführt hat. So können sich noch andere eine Meinung über die Revolution von unten bilden. Ich zum Beispiel habe dort gerade den sehr interessanten Beitrag von Jörg Djuren zu Tibet entdeckt.

     

    Wenn sich die Filter-Schule vom Medium Internet überfordert fühlt, obwohl sie doch so stolz ist auf ihre Computerräume, schlage ich vor, den Stecker zu ziehen. Statt Bildschirmglotzen im Unterricht bringt jeder einen Artikel zum “Thema der Woche” im Schulranzen mit und dann wird in der Klasse Textverständnis erarbeitet. Zu mühsam? Zu altmodisch? Zu aufwändig? Klar, Verbot und Diskursverweigerung sind immer einfacher, und eine prima Vorbereitung für die sich nach der Schulzeit anschließende schlanke Ausbildung zum Berufstäter via Fachhochschule, Berufsakademie oder Bachelor-Studiengang an der Universität neuen Typs.

    Das meinen wohl auch Sellering und Steinmeier mit ihrer Entdeckung der angenehmen Seiten der DDR: man wurde im “anderen Deutschland” nicht dauernd mit der faden Forderung belästigt, selbst denken zu sollen.

  • DA
    Dirk Albrodt

    @Mdhshsdh

    Ihr Kommentar macht mir stark den Eindruck, als hätten Sie noch nie einen Blick in das Heft geworfen. Vielleicht versuchen Sie, das nächste Mal, Ihre Behauptungen auch zu belegen.

    Dass ausgerechnet Anarchisten "der Tyrannei des Staates" applaudieren ist etwa so absurd wie wenn der Papst in Afrika Kondome verteilt.

  • M
    Mdhshsdh

    Die Zeitschrift "Graswurzelrevolution" hat mit Friedfertigkeit und Freiheit gar nichts zu tun. Dort applaudiert man Gewalttätern und der Tyrannei des Staates, wenn's nur gegen "die Richtigen" geht.