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Zeltstädte für Obdachlose in BerlinAls Übergangslösung okay

Kommentar von Susanne Memarnia

Sozialsenatorin denkt an Zeltstädte für Obdachlose. Was daran gut ist: Man sollte die Hilfe dorthin bringen, wo die Menschen sind.

Viele Obdachlose campieren im Stadtraum – hier auf der Oberbaumbrücke. Soll es für sie offiziell „sichere Orte“ geben? Foto: dpa

D ie Koalitionspartner der Linkspartei sind irritiert. Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke) will „Zeltstädte“ für Obdachlose, wie Medien Anfang der Woche berichteten.? Beziehungsweise „sichere Plätze“ für sie, wie die Senatorin am Mittwoch in einem Positionspapier präzisierte? „Mir fehlt die Fantasie, was an diesem Konzept der Lösungsansatz sein soll“, kommentierte die sozialpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Fatos Topaç, in der Berliner Zeitung. Und die SPD-Expertin für Sozialpolitik, Ülker Radziwill, wusste: Wohnungen seien aber schon sinnvoller als Zelte. Ach!

Es dürfte wohl niemanden geben, der bezweifelt, dass Menschen grundsätzlich besser in Wohnungen untergebracht sind als in Zelten. Zumal in der Großstadt, zumal in unserer Klimazone. Und wenn schon keine Wohnung, dann wenigstens ein Zimmer, ein Bett in einer Obdachlosenunterkunft. So schreibt auch Breitenbach in ihrem Positionspapier ganz klar: „Diese ‚safe places‘ können und sollen ausdrücklich kein Ersatz für eine Unterbringung sein.“

Was sie dann sollen? Es geht darum, Orte zu schaffen, an denen jene Obdachlosen sicher leben können, die nicht in den vom Staat bereitgestellten Unterkünften unterkommen können oder wollen. Wobei das mit dem Wollen so eine Sache ist, davon unten mehr. Aber Fakt ist: Es leben Menschen in Berlin in Zelten, unter Brücken etc. – und werden dort immer wieder vertrieben, sobald sie zu viele werden. Oder sobald sich der Ort in Mitte befindet, wo ein grüner Bürgermeister ganz allergisch auf campende Obdachlose reagiert.

An „sicheren Orten“ hingegen dürften sie nicht vertrieben werden. Und – auch das gehört zu Breitenbachs Idee unbedingt dazu: Hier kann der Staat mit Sozialarbeitern und dem ganzen Unterstützungsapparat versuchen, die Obdachlosen ins vorhandene Hilfesystem zu „überführen“.

Experiment Rummelsburger Bucht

Die Frage ist, wo diese Orte sein könnten. Und: Ist es nicht sehr unrealistisch, dass die Bezirke solche Flächen ausweisen werden? Warum nimmt man nicht die Orte, die die Obdachlosen selbst wählen und macht sie zu sicheren Orten?

Ein Experiment dieser Art läuft gerade an der Rummelsburger Bucht. Das dortige Camp wird seit Wochen sozialarbeiterisch betreut, für Hygiene und Wärme wird so gut es geht gesorgt. Wenn es nur um Übergangslösungen geht, um Orte für drei bis sechs Monate, könnte das vielerorts so laufen. Eigentlich auch im Park nebenan.

Ein anderer Weg, über den Breitenbach leider nicht gesprochen hat: Warum nicht einige der vorhandenen Unterkünfte so verändern, dass sie für mehr Menschen zugänglich werden? Die Realität anerkennen heißt auch: Wir brauchen ein Heim, wo Alkohol und Drogen erlaubt sind. Eines für Hundebesitzer haben wir ja auch.

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Redakteurin taz.Berlin
Jahrgang 1969, seit 2003 bei der taz, erst in Köln, seit 2007 in Berlin. Ist im Berliner Lokalteil verantwortlich für die Themenbereiche Migration und Antirassismus.
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