Zeichen-Workshops und arabische Musik: Der Vibe einer WG-Party um 19 Uhr

In einer so großen Stadt wie Berlin muss man doch irgendwas machen, oder? Erzählungen aus einem Wochenende mit viel Musik und Malerei.

Eine Person spielt auf einer Oud.

Selbstverständlich hat sich jeder ein Instrument genommen und gejammt Foto: imago

Irgendwo in Oberschöneweide saß ich am Sonntag, mit einem Stift und Papier in der Hand. Mein Kopf pochte noch vom Vorabend. Ich war zum Geburtstag eines algerischen Oud-Hersteller eingeladen gewesen. Fast alle Gäste waren Musiker, und selbstverständlich hatte sich jeder ein Instrument, das Mohamed gerade so herumliegen hatte, genommen und gejammt. Oud, diverse Trommeln, Tamburin, einer hatte sogar ein Kanun mitgebracht. Und so hatten sie stundenlang auf Arabisch musiziert. Nonstop.

Eigentlich hätte ich gedacht, ich wache am Sonntag auf und spreche nach diesem Abend fließend Arabisch, anstatt einen Kater zu haben. Hin und wieder waren wir eine rauchen gegangen, neben uns war das Lido, es fand ein Punk-Konzert statt. Es hätte von Mohameds Laden unterschiedlicher nicht sein können.

Zwischendurch wurden Instrumente ausgetauscht, jeder hatte sich rangetastet, jeder durfte mal. Auch ich hatte irgendwann den Saz, den Mohamed an der Wand hängen hatte, genommen. Ich hatte mir genug Mut angesoffen und spielte die paar Stücke, die ich auf dem Saz kann. Ob ich die Stimmung ruiniert habe? Ich glaube nicht, hoffe ich zumindest.

Zeichne so gut du kannst

Am Sonntag saß ich dann mit einem Konterbier im Funkhaus Berlin. Über Instagram hatte ich von einem Zeichen-Workshop gelesen. Drink & Draw, hatte sich interessant angehört, jedoch musste ich mich stark überwinden hinzugehen. Es war zum Glück entspannt. Es hatte den Vibe einer WG-Party um 19 Uhr, Leute saßen, tranken und zeichneten.

„Da kannst du Stift und Papier holen, gleich werden wir uns auch gegenseitig zeichnen, wenn du Lust hast.“ Bajar, einer der Betreiber, weihte mich ein. Er war barfuß. Ich weiß nicht, wieso, aber irgendwie nervt es mich, wenn Menschen barfuß herumlaufen, ich habe immer so ein irrationales Gefühl, dass sie das nur machen, um mich zu provozieren. Aber Bajar wirkte sehr gelassen. (Vielleicht weil er keine Schuhe anhatte?)

Die erste Person ging auf die Bühne, machte eine Pose, und die Leute begannen zu zeichnen. Wenn ich eine Person schlimmer beleidigen könnte als mit Worten, dann wäre es, wenn ich versuchte, diese zu zeichnen, aber ich wollte auch nicht auffallen, und irgendwas musste ich machen. „Scheiße, die sind ja alle gut!“ Ging es mir durch den Kopf, als ich die Skizzen der anderen sah.

Ich beneide Menschen, die gut zeichnen können. Meine Freunde sagen immer zu mir: „Das kommt mit der Zeit, du musst üben, blablabla …“ Sie haben ja recht, es kostet viel Arbeit, das zu erlernen, aber manchmal rede ich mir lieber ein, dass das einfach ein Talent ist, das man entweder hat oder nicht, und ich eben nicht. Es ist angenehmer, daran zu denken, dass man etwas nie erlernen kann, als es zu versuchen und zu scheitern. Oder vielleicht rede ich mir das auch nur ein, um nachts ruhiger schlafen zu können. Wer weiß.

Ich begann, irgendwelche Formen zu zeichnen, die nur im entferntesten Sinne an die posierende Person erinnern. Wenn ich einen auf abstrakt mache, dann sehen die Leute vielleicht nicht, dass ich einfach nicht zeichnen kann. Bajar ging als Nächstes mit einer predatoresken Verkleidung auf die Bühne. Diesmal versuchte ich ihn, so geht es ging, zu zeichnen. Schnell drehte ich mein Blatt um, es sah aus, als wäre es von einem Vierjährigen gekritzelt. Mein Selbstbewusstsein war im Keller, vielleicht ist Zeichnen nichts für mich.

Auf dem Heimweg dachte ich, dass so ein Social Workshop eigentlich doch ziemlich cool ist. Ich schaute auf meinem Handy nach, ob es mehr solcher Sachen gibt. Berlin gibt mir manchmal FOMOs, man bekommt schnell das Gefühl, dass es überall etwas zu tun gibt, das ist wahrscheinlich auch das Besondere.

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In Wien Theater-, Film- und Medienwissenschaften studiert. Jetzt irgendwas über Kultur schreiben.

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