Zehn-Prozent-Klausel: Gegen Biotopverbund
■ Bremens Vertreterin im Bundesrat stimmte doch für Naturschutzgesetz
Am Dienstag schien die Position noch klar: Bremen, so beschloss der Senat, werde sich im Bundesrat bei der Abstimmung darüber, ob das neue Bundesnaturschutzgesetz in den Vermittlungsausschuss kommt, mit seinen drei Stimmen enthalten. Eine faktische Zustimmung zu der Gesetzesnovelle also, denn in den Vermittlungsausschuss kommt ein Gesetz nur, wenn dies mindestens die Hälfte aller Bundesrats-Stimmen fordern.
Die Bremer Enthaltung, sagt der Sprecher im Umweltressort, Holger Bruns, sei klare Sache gewesen: „Das ist der klassische Koalitionsfall.“ Sprich: Das SPD-geführte Umweltressort ist für die Gesetzesnovelle, das CDU-geführte Wirtschaftsressort jedoch dagegen. Heraus kommt eine Enthaltung.
Doch bei der sollte es nicht lange bleiben. Bereits am Mittwoch war aus Kreisen der Landesvertretung Bremens beim Bund in Berlin zu erfahren, das Abstimmungsverhalten Bremens sei „noch etwas offen“. Nachdem Niedersachsen dann in der Bundesratssitzung am Donnerstag aus der Reihe der SPD-Länder ausgeschert war und zusammen mit den CDU-Ländern das neue Naturschutzgesetz in der vorliegenden Fassung abgelehnt hatte, war es auch mit der Enthaltung Bremens vorbei. Kerstin Kießler, Bremens Beauftragte beim Bund, stimmte für einen Antrag Niedersachsens, der Änderungen an insgesamt vier Punkten des Gesetzes verlangte, unter anderem an der umstrittenen „Zehn-Prozent-Klausel“. Mindestens zehn Prozent der Landesfläche nämlich, so sah es der Entwurf aus dem Bundesumweltministerium vor, sollten in Zukunft unter Schutz gestellt werden. Das ging nicht nur Niedersachsen, sondern auch Berlin und Hamburg gegen den Strich. „Aufgrund eigener Betroffenheit“, so erklärt Vera Bubendey-Welker, Umweltbeauftragte bei der Bremer Landesvertretung in Berlin, habe auch Bremen den Änderungsantrag dann „mitgetragen“.
„Eine sachpolitische Begründung kann es dafür nicht geben“, sagt Bruns dazu. Das Umweltressort stehe voll und ganz hinter dem neuen Gesetz. In Bremen stünden zudem bereits mehr als zehn Prozent der Landesfläche unter Schutz. „Selbst wenn man die Gebiete abzieht, deren Schutzstatus nach dem Beschluss der großen Koalition wieder wegfallen soll, liegen wir immer noch über den geforderten zehn Prozent.“ Kießler und ihre Mitarbeiter sahen das anscheinend anders. „Auch wenn es im Moment nicht akut ist: sowas kann auch bei uns ein Problem werden“, sagt Bubendey-Welker.
Da der niedersächsische Antrag insgesamt vier Änderungspunkte zusammenfasste, hat Bremen mit seinem Votum auch die anderen drei Forderungen seines Nachbarlandes unterstützt. Danach soll unter anderem eine flächendeckende Landschaftsplanung nur bei „Erforderlichkeit“ erfolgen. Klagen von Naturschutzverbänden sollen nach dem niedersächsisch-bremischen Willen auch nur im Planfeststellungsverfahren möglich sein und nicht, wenn dieses durch ein Bebauungsplanverfahren ersetzt wird. hoi
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