Zahl der Fälle nimmt weiter zu: Ehec-Schnelltest entwickelt
Wissenschaftler der Universität Münster haben einen Schnelltest entwickelt, mit dem sich der Ehec-Erreger nachweisen lässt. Bundesweit wohl mehr als 1.400 Menschen infiziert, 14 Tote.
BERLIN dpa | Ein Ende der EHEC-Welle ist nicht in Sicht. Bislang starben in Deutschland mindestens 14 Menschen durch die Durchfallerkrankung – 12 davon sind Frauen. Gleichzeitig melden auch andere europäische Staaten immer mehr EHEC-Fälle. Die Zahl bestätigter Ehec-Fälle und Verdachtsfälle nahm bis zum Montag bundesweit auf mehr als 1.400 zu.
Am Vortag waren es noch erst mehr als 1.200. Mittlerweile gebe es 353 bestätigte Fälle mit der schweren EHEC-Komplikation HUS (hämolytisch-urämisches Syndrom). Zudem sollen nach EU-Angaben auch US-Bürger mit der lebensgefährlichen Durchfallerkrankung infiziert haben. Erstmals gab es jetzt auch Todesfälle außerhalb Norddeutschlands. In Nordrhein-Westfalen starben gleich zwei Frauen an den Folgen der Durchfallinfektion. Mecklenburg-Vorpommern meldete die erste EHEC-Tote.
Laut Robert-Koch-Institut (RKI) gebe es insgesamt kein nennenswertes Absinken der Fallzahlen. Es sei nicht davon auszugehen, dass die kontaminierten Lebensmittel verderblich oder schon aufgegessen seien. Nach den Worten des Präsidenten des RKI, Reinhard Burger, seien weitere Todesfälle "eher wahrscheinlich".
Schnelltest zum Nachweis des Erregers
Unterdessen haben Wissenschaftler der Uniklinik Münster einen Schnelltest zum Nachweis des EHEC-Erregers entwickelt. Konkret gehe es um vier Gene, die in ihrer Kombination für den EHEC-Erreger vom Typ HUSEC 041 einzigartig seien. Der Test könne in jedem molekularbiologischen Labor gemacht werden.
Einzelheiten wollten die Wissenschaftler an diesem Dienstag bei einer Pressekonferenz bekanntgeben. Das Institut für Hygiene an der Uniklinik Münster ist das Konsiliarlabor für das Hämolytisch-Urämische-Syndrom (HUS) in Deutschland. Die Experten hatten unter Leitung des EHEC-Spezialisten Prof. Helge Karch an dem Test gearbeitet.
Die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) meldete erste Erfolge bei der Behandlung von HUS-Patienten mit einem neuen Mittel: Die Therapie mit dem Antikörper Eculizumab zeige kleine Erfolge. Allerdings sei es kein "Wundermittel", hieß es.
Sprachstörungen und Zuckungen
Auch am Hamburger Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) kommt die Antikörper-Therapie zum Einsatz. Wie erfolgreich der Rettungsversuch sei, werde sich aber erst in drei bis vier Wochen zeigen, sagte der Nierenspezialist Prof. Rolf Stahl. Sorge bereiten den Ärzten Probleme mit dem Nervensystem bei viele HUS-Erkrankten. Es gebe "zunehmend mehr neurologische Ausfälle" wie Sprachstörungen – ähnlich wie bei einem Schlaganfall – oder Zuckungen bis hin zu epileptischen Anfällen, erklärte der Neurologe Prof. Christian Gerloff.
Am Montag fand in Berlin ein Ehec-Spitzentreffen von Bund, Ländern und Behörden statt. Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) zeigte sich nach dem Spitzentreffen in Berlin besorgt: "Ergebnis ist, dass leider weiter mit einer steigenden Fallzahl zu rechnen ist." Hamburgs Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) zeigte sich nach dem Spitzentreffen vorsichtig optimistisch mit Blick auf die EHEC-Welle. In der Hansestadt habe es zuletzt nur ein Viertel der Neufälle im Vergleich zu den vergangenen Tagen gegeben. Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) betonte: "EHEC hat längst eine europäische Dimension."
Ehec nun auch in anderen EU-Staaten
Nach Angaben der EU-Kommission hat es in Schweden bisher 30 nachgewiesene EHEC-Fälle gegeben, 13 davon sind HUS-Patienten. Auch in Dänemark, Großbritannien, Österreich und den Niederlanden seien Menschen an EHEC erkrankt, einige von ihnen schwer. Frankreich hat nach Medieninformationen 3 Verdachtsfälle.
Für die EHEC-Behandlung sind große Mengen an Blutplasma nötig. Einige Kliniken hätten mit Engpässen zu kämpfen, sagte der Sprecher der DRK-Blutspendedienste, Friedrich-Ernst Düppe. Das Deutsche Rote Kreuz verfüge aber noch über genügend Plasma-Konserven.
Aigner verteidigte die Gemüsewarnung am Montag erneut. Zum Schutz der Verbraucher sei es richtig gewesen, frühzeitig Verzehrhinweise zu geben. Unterdessen hat die EHEC-Seuche in der Landwirtschaft einen Millionenschaden angerichtet. Sowohl in Deutschland als auch im europäischen Ausland bleiben Bauern auf der Ware sitzen. Spanien will die EU um Hilfen bitten und prüft Schadenersatzforderungen gegen Deutschland. Spanische Bauern sehen sich vorschnell als Quelle für den Erreger an den Pranger gestellt.
Manche deutsche Politiker nutzen Ehec, um deutsche Produkte zu bewerben. So plädierte Bayerns Landwirtschaftsminister Helmut Brunner (CSU) für den Kauf von regionalen Produkten. Je näher der Anbau gelegen sei, "desto nachvollziehbarer sind die Produktionsbedingungen", sagte er der Passauer Neuen Presse.
Die Grüne Barbara Steffens, Gesundheitsministerin in NRW, warnte hingegen vor Gemüse aus NRW. Das Problem sei, dass die genaue Quelle des Erregers weiter unklar sei, erläuterte sie am Dienstag auf WDR5. "Solange wir die nicht kennen, kann alles letztendlich damit infiziert sein, und solange können wir auch nichts für unbedenklich erklären."
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