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ZUWANDERUNG: DIE UNION ERÖFFNET DEN WAHLKAMPF IM BUNDESTAGKampagne gegen Reförmchen

Edmund Stoiber darf sich freuen. Der bayerische Kanzlerkandidat im Wartestand hat die große Schwesterpartei CDU schon im Griff, bevor er zum Herausforderer von Gerhard Schröder ausgerufen worden ist. Schon in der ersten Bundestagsdebatte über das Zuwanderungsgesetz verhielten sich die Redner der Union genau so, wie es Stoibers Wahlkampfstrategie entspricht. In vorauseilendem Gehorsam vor dem großen Polarisierer aus München verfolgt auch die CDU nur noch ein Ziel: sture Blockade. Wider besseres Wissen verteufelt sie den Gesetzentwurf von Innenminister Otto Schily (SPD) als Gefahr für Deutschland.

Dabei ist das rot-grüne Projekt längst auf ein vorsichtiges Reförmchen zusammengeschrumpft, das Zuwanderung auch künftig nur nach strengen Kriterien und nur bei Bedarf auf dem Arbeitsmarkt erlauben soll. Wenn die CDU trotzdem so tut, als plane Schily massenhafte Zuwanderung ungekannten Ausmaßes, hat das mit der Wirklichkeit nichts zu tun – aber sehr viel mit den Kräfteverhältnissen in der Union.

Ob Angela Merkel die Blockadehaltung gegen das Zuwanderungsgesetz mitträgt oder nicht, ist fast schon egal. Stoiber hat den Kurs vorgegeben, das zählt. Entsprechend teilnahmslos saß Merkel gestern im Bundestag – und schwieg. Wenn die Union im Wahlkampf eine derart sinnfreie und radikale Kampagne durchführen will, wie es sich gestern im Bundestag abzeichnete, dann kann Merkel selbst beim schlechtesten Willen nicht mehr überzeugend argumentieren. Als neue CDU-Vorsitzende war sie einst angetreten, um ihre marode Partei zu reformieren und Schröder in der Mitte Konkurrenz zu machen. Auch in der Zuwanderungspolitik ermunterte sie ihre Experten Müller und Bosbach, moderate Papiere zu schreiben und die Realitäten anzuerkennen. Vor einem Jahr noch gab die CDU zu, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist. Wenn die Union jetzt aus Mangel an anderen emotionalen Themen wieder alte Vorurteile schürt und Arbeitslose gegen Ausländer ausspielt, kann es dafür nur einen Kandidaten geben: Edmund Stoiber.

LUKAS WALLRAFF

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