ZDF-„Kleines Fernsehspiel“: Lieber kein Millionär
Ein Mann verzweifelt am Lottogewinn: Das Drama „Millionen" wird so undramatisch wie möglich erzählt – ganz im Stil der Berliner Schule.
Torsten (Andreas Döhler) hat ein Problem, von dem man annehmen darf, dass rund sieben Milliarden Menschen auf der Welt es ihm gern abnehmen würden. Er hat überhaupt nur Lotto gespielt, weil alle im Büro Lotto spielen.
Jetzt hat er 22 Millionen gewonnen, hat schlechte Laune und sagt zu seinem besten Freund: „Ich weiß nicht, ob ich’s nehm.“ Denn er mag sein Leben, seine Familie, seine Arbeit. Der Mann von der Lottogesellschaft kennt die Gefahr: „Geld verursacht Spannungen. Wem Sie von Ihrem Gewinn erzählen, mit dem müssen Sie teilen. Sonst – ich sag’s mal salopp – sind Sie der Arsch.“
Fabian Möhrkes (Buch und Regie) Film „Millionen“ schließt die diesjährige „Shooting Stars“-Reihe des „Kleinen Fernsehspiels“ würdig ab. Wenn bei den „Shooting Stars“ etwas aufgefallen ist, dann die sehr direkte Bezugnahme auf Vorbilder, von Aki Kaurismäki bis Larry Clark.
„Millionen“ nun ist ein Film auf dem Stand der Berliner Schule von vor rund zehn Jahren. Ein Drama also, das so undramatisch wie möglich erzählt wird. Lange statische Einstellungen, keine Kamerabewegung (Kamera: Marco Armborst). Aus der Froschperspektive gefilmte Bäume, deren Laub der Wind bewegt. Fabian Möhrke hat seine Vorbilder genau studiert.
„Millionen“, 2.9., 0.20 Uhr, ZDF.
Torsten teilt und tut alles, um nicht der Arsch zu sein – und ist es am Ende doch. Eigentlich will er nichts weiter, als dass es so bleibt, wie es ist. Familie und Freunde sehen sich durch seinen Gewinn aber in der Lage, ihre durchaus nicht maßlosen Träume zu verwirklichen, die alle darauf hinauslaufen, dass es nicht so bleibt, wie es ist. Zum Beispiel Torstens Frau Susanne (Carola Sigg), die einen Kindermodeladen in Berlin aufmachen möchte. „Hör endlich mit diesem Scheißgeheule auf“, wird sie am Ende sagen, „ich kann’s nicht mehr hören!“.
Ob nach dem Film weniger Menschen mit Torsten würden tauschen wollen? Sicher nicht. Man selbst wäre ja bestimmt nicht so ein larmoyanter Arsch.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!