piwik no script img

Wulffs Kontake zu GeerkensDas verdächtige Briefpapier

Hat Christian Wulff den Landtag in Hannover belogen? Über eine Anwaltskanzlei hatte er indirekte Geschäftsbeziehungen zum Unternehmer Geerkens.

Nur ein guter Kumpel, oder auch Mandant und Vermieter? Der Unternehmer Geerkens mit seiner Frau. Bild: dpa

FREIBURG taz | Bundespräsident Christian Wulff (CDU) wurde erneut bei einer Halbwahrheit ertappt. Während er im Hannoveraner Landtag 2010 versicherte, er habe in den letzten zehn Jahren keine geschäftlichen Beziehungen zu seinem väterlichen Freund Egon Geerkens gehabt, deckte tagesschau.de jetzt auf, dass Wulff zumindest indirekt - über seine damalige Anwaltskanzlei - mit Geerkens geschäftlich verbunden war.

Konkret geht es um die Osnabrücker Anwaltskanzlei Funk-Tenfelde, für die Christian Wulff früher tätig war. Bis 2011 stand er auch noch auf deren Briefpapier. Auf der anderen Seite war Geerkens bis 2007 Vermieter der Räume, in der Funk-Tenfelde residierte. Außerdem war Geerkens auch Mandant der Anwaltskanzlei. Es bestand also eine doppelte Geschäftsbeziehung zwischen Geerkens und der Kanzlei.

Doch bestand dadurch auch eine Geschäftsbeziehung zwischen Wulff und Geerkens? Politiker aus dem rot-grünen Oppositionslager werfen Wulff dies vor. Es werde immer offensichtlicher, "dass Wulff den Landtag nach Strich und Faden hinters Licht geführt hat", sagte Stefan Wenzel, Fraktionsvorsitzender der Grünen in Niedersachsen.

Scheinsozius Wulff

Wulffs Medienanwalt Gernot Lehr erklärte gestern jedoch, dass Wulff nie Partner der Sozietät gewesen war. Bis 1994 war er zwar bei Funk-Tenfelde angestellt. Danach habe er seine Tätigkeit aber beendet und auch keine Honorare oder sonstigen Vergütungen mehr bekommen. Wulff hätte zwar als freier Mitarbeiter Mandate für die Kanzlei bearbeiten können, das habe er aber nicht getan. Wulff habe deshalb keine über die Kanzlei vermittelte Geschäftsbeziehung zu Geerkens gehabt.

Bleibt im Wesentlichen der Fakt, dass Wulff in seiner Zeit als Ministerpräsident weiter auf dem Briefkopf der Kanzlei stand und damit auch einverstanden war. Nach außen wirkte er so wie ein Partner der Sozietät, obwohl er keiner war. Man spricht deshalb von einem "Außensozius" oder einem "Scheinsozius". Für Wulff hätte die Funktion als Aushängeschild durchaus Folgen haben können. Wenn jemand die Kanzlei verklagt, hätte in letzter Konsequenz auch Wulff mit seinem Privatvermögen haften müssen.

So gesehen kann man das Verhältnis des "Scheinsozius" Wulff zu Egon Geerkens vielleicht am passendsten als eine "Scheingeschäftsbeziehung" bezeichnen. Nach außen sah es wie eine Geschäftsbeziehung aus, faktisch war da aber nichts. Nur wenn Geerkens gegen die Kanzlei geklagt hätte, wäre auch Wulff betroffen gewesen. Geerkens hat das aber, soweit ersichtlich, nie getan.

Als Wulff eine Geschäftsbeziehung zu Geerkens verneinte, war dies also nicht offensichtlich gelogen, aber auch keine präzise Auskunft. Schon vor Wochen war herausgekommen, dass Wulff ein Darlehen von Geerkens Ehefrau erhalten hatte.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

12 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • KK
    Kl Ki

    @ HaraldHuesch wg § 203 StGB (sowie § 43a Abs. 2 BRAO und § 2 Abs. 2 BORA) - kann man stellen die Frage.

     

    Allerdings war die Tatsache der Mandatierung ja schon durch Gerichtsverfahren nach außen bekannt - an den Gerichtssälen hat bei den öffentlichen Verhandlungen ja dann wohl auch der Name Geerkens und darunter der Name der Kanzlei gestanden.

     

    Dazu hätte Wulff sich noch kurz eine Schweigepflichtentbindungserklärung von Geerkens holen können, aber ja:

     

    Dies wurde ja von dritter Seite (glaube zB Möllring) ja auch schon diese Ausrede benutzt - die auch nicht ganz von der Hand zu weisen bleibt..

  • FS
    Friedbert Striewe

    C. Rath problematisiert die Frage des Scheinsozius zurecht:

    Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 8.7.1999, NJW 1999, 3040, die Haftung des Scheinsozius, der also auf dem Kanzleischild und dem Briefbogen steht, angenommen. Denn dann muß sich der Betroffene nach den Grundsätzen der Duldungs- und Anscheinsvollmacht an dem von ihm gesetzten Rechtsschein einer Sozietät festhalten lassen.

    Damit war Wulff Vertragspartner ("ob") und gegenüber dem Landtag offenbarungspflichtig, allerdings nicht zu Mandantsinhalten ("wie").

    Den Grund für die Scheinsozietät wird man wohl in der Eitelkeit des tatsächlich nicht als Anwalt praktizierenden Betroffenen suchen müssen.

  • P
    polyphem.os

    Die Kanzlei Funk/Tenfelde hat auch ihre Internet-Seite überarbeitet. Das Bild der Türschilder, auf denen bis vor wenigen Tagen noch ein "Herr" Christian Wulff aufgeführt war, wurde entfernt.

  • K
    kroete

    Der Blender als "Scheinsozius" mit scheinbaren Halbwahrheiten im Geflecht seines schillernden Gönnerkreises mit vielen Scheinen sollte uns endlich seine Erscheinung als leuchtendes moralisches Vorbild mit oxydiertem Heiligenschein ersparen.

    Soll er doch dann glücklich werden mit des Volkes Scheinen!

  • F
    Frank

    ....und noch mehr von dem Mist was eh niemanden interessiert!

    Der soll blos im Amt bleiben sonst müssen wir noch jemanden bezahlen.

    Bis zum bitteren Ende soll er dienen der Wolf.

  • JK
    Juergen K.

    Unlauterer Wettbewerb

    als bauernopfer.

  • H
    HaraldHuesch

    Schöner Artikel mit hohem Grad an Sachlichkeit. Habe ich heute noch nirgendwo anders gelesen.

     

    Jetzt müsste nur noch erörtert werden, ob Wulff - wenn denn tatsächlich ein Mandat mit Geerkens bestanden hätte - im Hinblick auf § 203 StGB darüber hätte Auskunft geben dürfen.

  • R
    Regmail

    Fakt ist er hat nicht gelogen. Punkt.

  • RA
    regina andre

    Hallo @,

     

    Wulff bringt eine Moralkultur nach Deutschland, die seinesgleichen sucht!

     

    Habe morgen eine Zahnarzttermin - bleibe dann zuhause!

     

    Vor 4 Wochen wäre ich um 10:00 zum Dienst gegangen.

     

    Danke Wulffie!

  • HB
    Holger Barth

    Ob die Beziehungen zwischen väterlichem Freund Geerkens und jungem Freund Wulff nur eine potentielle Haftungsbeziehung wegen dessen Stellung als Scheinsozius betreffen, wäre von Wulff im Sinne der erwünschten Transparenz offen zu legen. Hierzu müsste man die jeweiligen Leistungen der Kanzlei für Geerkens und von Wulff für die Kanzlei einerseits und die entsprechenden Zahlungsflüsse in beiden Beziehungen andererseits kennen. Auch die Kenntnis der Miethöhe und deren Marktangemessenheit wäre von Interesse, soweit Geerkens (reiner Zufall?) als Vermieter fungierte. Die vielen Halbwahrheiten von Wulff gerade in Bezug auf Geerkens laden leider zur Spekulation ein.

  • T
    tacko

    Nahles -- ach ja, das ist doch die, die schon von den eigenen Leuten einen fürchterlichen Maulkorb bekommen hat. Jetzt glaubt sie. wen sie in die andere Richtung blafft, ist das klüger.

  • AH
    Andeas Hofer

    Soviel ich weiß, verdienen unser Damen und Herren Politiker ganz ordentlich.

     

    Frage: Arbeitet eigentlich inrgendeine® der Sozis außer am (fürchterlich langweiligen) Wadlbeissen gegen Wulff noch an irgendetwas - für sein Gehalt?