Wüsten der Lausitz: Europas größte Landschaftsbaustelle
In der Lausitz wurden die durch Tagebau zerschundenen Landschaften zu attraktiven Seenketten umgestaltet. Die Internationale Bauausstellung hat bis jetzt den Umbau beraten.
"Paradies 2 beginnt jetzt!" Unter diesem Titel hat die Internationale Bauausstellung (IBA) Fürst-Pückler-Land im Rahmen eines groß angelegten Kunstprojekts "Paradies 2" ihr Finale in der Lausitz eingeleitet. Dort ist Europas größte Landschaftsbaustelle. Seit 2000 hat die IBA den großflächigen Landschaftsumbau im Braunkohlerevier fachlich begleitet. Sie hat planerische Impulse gegeben, die Entwicklungen vorangetrieben, Netzwerke aufgebaut und 30 Projekte auf den Weg gebracht. Ein neues Image der abgewirtschafteten Kohleregion entsteht.
Der Ende 1999 stillgelegte Tagebau Meuro - zwischen Großräschen und Senftenberg - wird seitdem saniert. 2006 wurde mit der Flutung des zukünftigen Ilse-Sees begonnen. Im IBA-Auftaktgebiet Großräschen-Süd an der Tagebaukante befinden sich auch die IBA-Terrassen, das Informations-, Ausstellungs- und Besucherzentrum zur "Wasserwelt Lausitzer Seenkette".
Aus den gefluteten Tagebauen der Lausitz entsteht eine durch Kanäle verbundene Seenlandschaft. Diese Bergbaufolgelandschaft wird zu einem attraktiven Naturraum umgestaltet, auch zu einem Raum für innovative Energien. Ein gelungener Mix aus Industriekultur und schiffbaren Verbindungen zwischen den Seen, der die ehemals zerschundene Landschaft attraktiv macht. Touristische Meilensteine sind jetzt schon der Förderturm F60 in Lichterfeld, die Biotürme Lauchhammer, die IBA-Terrassen in Großräschen und die schwimmenden Häuser.
Von Dienstag bis Sonntag ist die Ausstellung im Besucherzentrum IBA-Terrassen in Großräschen geöffnet. Sie gibt einen Überblick über die 30 IBA-Projekte und den Entwicklungsverlauf der IBA. www.iba-see2010.de
IBA-Geschäftsführer Rolf Kuhn betont: "Diese IBA ist ein regionales Produkt, eine IBA von unten, sie lebt von den Menschen und den Partnern der Region, ohne provinziell zu werden, sondern mit hohem internationalen Anspruch. Das Kunststück, Geschichte zu bewahren und gleichzeitig zu neuen Ufern aufzubrechen, ist hier gelungen." In diesem Sinne wurde auch das Kunstprojekt "Paradies 2" unter Regie des Schweizer Künstlers Jürg Montalta konzipiert. Auf dem künftigen Seegrund des Ilse-Sees wurde zum Finale-Auftakt Peter Apelts See-Symphonie aufgeführt. Der musikalische Auftakt von "Paradies 2" .
Das Projekt umfasst insgesamt sieben Inszenierungen mit 20 Aufführungen. Darüber hinaus finden bis Oktober rund 220 Touren und Veranstaltungen statt: Feste, Konzerte, Ausstellungen, Gesprächswanderungen. In Welzow, der Stadt an Europas größtem Tagebau, hat der Künstler Tommaso Lana unter dem Titel "Was ist Energie?" szenische Reisen durch Biografien und Landschaften am Grubenrand entwickelt, in denen die Welzower selbst zu "Schauspielern" und die Stadt zur Bühne werden. Der rote Faden sind die Frage "Was ist Energie?" und die Antworten der Gäste darauf.
Weitere Projekte sind unter anderem die musikalische Zeitreise "Das Geheimnis von Schlabendorf" über ein 800 Jahre altes Lausitzer Dorf am 28./29. Mai, die "Skulptur aus 1.000 Begegnungen" am 4. Juli, bei der Einwohner der Plattenbausiedlung Madlow-Sachsendorf im Süden von Cottbus auf einer vierspurigen Straße eine "paradiesische" Tafel aufbauen und jeder Einwohner seinen Tisch, seinen Stuhl und sein Lieblingsessen mitbringt, sowie "Szenische Reisen" um den aktiven Tagebau am 1. August. Bei der Abschlussveranstaltung am 18. September sollen 7.000 Menschen um den Sedlitzer See eine Licht- und Klangskulptur bilden. "Die Menschen werden dabei selbst zu Künstlern", sagte Kuhn. Bei allen Aufführungen werde die Landschaft als Bühne genutzt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin