■ Mehr lesen von: Wolfgang Müller
Es begann 1990 in Berlin mit einer Ausstellung über Island, das Land ohne Eisenbahn. Später geisterte Wolfgang Müller als Meisenschlächter, dann wieder als Tierschützer durch die Medien, wurde von Pfarrer Fliege interviewt, fälschte einen FDP-Wahlstand und gründete zuletzt das Goethe-Institut auf Island neu.
Jetzt ist ein Buch über diese seltsame Karriere des früheren Mitglieds der Performance- Gruppe Die Tödliche Doris erschienen: In „Blue Tit“ (Martin Schmitz Verlag, 288 Seiten, 56 Mark) schildert Müller, wie es zu der Vielzahl an Kuriositäten gekommen ist, die er in den letzten vier Jahren unter anderem auch in diversen Wahrheit-Texten und Kultur-Kolumnen der taz geschildert hat. Und weil sich ein Großteil der Ereignisse auf Island abgespielt hat, ist der deutschen Fassung eine isländische Übersetzung beigestellt.
Dabei ist „Blue Tit“ Biographie, Reisebuch, Kunstreader und Katalogbuch in einem. Selbst abwegige Themen wie präparierte Tierpenisse im Museum und Travestie als gedrucktes Hörspiel verzahnen sich plötzlich zum Alltag, der bei Müller mehr einem wild bepflanzten Gartenbeet ähnelt. So erfährt man, warum es eine Israel-Island-Connection in Sachen Schwulenclubs gibt oder wie man Flechtenmilchsuppe kocht. Nebenbei erklärt Müller, was es mit den legendären Neidschuhen auf sich hat und daß es auf Island gar keine Blaumeisen gibt, die doch für das Buch titelgebend waren.
Außerdem gibt es Orchideenwege, Geysirwanderungen und eine Reihe verblüffender Studien zum Thema nordische Esoterik und Elfenglaube. Der Künstler kontert diese bemerkenswerten Erfahrungen mit eingestreuten Beschreibungen seiner Objekte aus den letzten Jahren. Wer Müller auf der Buchmesse live erleben will: Am Sonntag abend um 21 Uhr findet im Ostklub an der Hanauer Landstr. 99 das „Meisencafé“ – eine Mischung aus Lesung, Performance und Talkshow – statt.
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