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Wohnungsmarkt in HamburgGagfah-Mieter demonstrieren

Rund 200 Betroffene besuchen die Hamburg-Zentrale des Konzerns, um gegen die Vernachlässigung des Wohnungsbestandes zu protestieren

Allein unter Mietern: Gagfah-Granden vor Zentrale. Bild: Henning Scholz

HAMBURG taz | "Sehen Sie die Risse?", fragt ein Gagfah-Mieter und zeigt auf eine schmutzigweiße Häuserzeile in der Wittestraße im Wilhelmsburger Bahnhofsviertel. "Wenn die Züge vorbeifahren, wackeln die Gebäude." Gerade hat sich zwei Straßen weiter ein Reisebus mit Mietern auf den Weg nach Wandsbek gemacht zur Hamburger Zentrale des börsennotierten Wohnungsbauunternehmens. Die übrigen Mieter, Aktivisten und Pressevertreter fahren mit S- und U-Bahn hinterher.

Auch aus Steilshoop, Eidelstedt und Barmbek sind Mieter angerückt, um ihrem Ärger über vernachlässigte Wohnungen und den respektlosen Umgang Luft zu machen. Insgesamt gehören der Gagfah in Hamburg rund 9.400 Wohnungen, bundesweit sind es 160.000.

"Die Gagfah lässt ihre Wohnungen vergammeln und es ist unglaublich schwer, sie davon zu überzeugen, dass sie sich als Eigentümerin um ihre Wohnungen kümmern muss", sagt Sylvia Sonnemann vom Verein Mieter helfen Mietern (MhM). Deshalb geht der alternative Mieterverein jetzt andere Wege. Zusammen mit der Verikom, dem Arbeitskreis Umstrukturierung (AKU) und der Kirchengemeinde Kirchdorf mobilisiert er zur Protestfahrt.

"Nachts fallen schon mal Fliesen von der Wand und das Zimmer meiner Tochter lässt sich höchstens auf 18 Grad heizen", sagt Mieter Martin Kersting. Doch trotz aller Missstände werde der Konzern seine Wohnungen wegen der angespannten Marktlage los. Für den Steilshooper ist klar: "Da hilft nur eine Rekommunalisierung."

Der Konzern schiebe unter der Spardoktrin seines Mehrheitseigners, des US-Hedgefonds Fortress, nötige Sanierungen auf die lange Bank, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf Branchenkenner. Das bestätigt auch der Mieterverein: "Hier sieht man, was passiert, wenn eine Heuschrecke ein großes Unternehmen kauft und es einen irrsinnigen Renditedruck gibt", sagt Sonnemann.

Auf schriftliche Anfrage der taz entgegnet der Konzern, er gehe respektvoll mit seinen Kunden um. "Alle Mängel und besonders das Thema Schimmelbefall nehmen wir sehr ernst und gehen jeder Meldung nach", heißt es aus der Mülheimer Presseabteilung des Konzerns.

Mieter und Mieterverein machen andere Erfahrungen. "Die behandeln uns wie Dreck", ärgert sich eine Frau aus Wilhelmsburg. Ständig lande man in der Warteschleife oder werde vertröstet, weil der zuständige Mitarbeiter nicht zu sprechen sei.

Vor der Zentrale lassen sich dann doch noch zwei Gagfah-Mitarbeiter vor der Tür blicken. "Bitte haben sie Verständnis dafür, dass ich mich in diesem Rahmen nicht äußern werde", sagt der eine. "Aber wo wollen wir denn reden", ruft ein wütender Mann. "In ihrem Büro?" Ein Pfeifkonzert setzt ein, die Mitarbeiter verschwinden wieder ins Haus.

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5 Kommentare

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  • R
    rolfmueller

    Das höre ich zum ersten Mal, dass die neoliberale Politikphase in Hamburg zu Ende sein soll. Der Erste Bürgermeister Olaf Scholz ist ein ausgewiesener Neoliberaler. Mit der Bestellung des Präses der Handelskammer Hamburg, Frank Horch, zum Wirtschaftssenator hat er das erst jetzt wieder unter Beweis gestellt.

  • F
    Franz

    Dresden kriegt ne Menge Geld und vielleicht noch die Wohnungen zurück. Noch dazu sind die Leute glücklich, nur Gagfah trifft es (zurecht).

  • N
    Nicht-Gagfah-Mieter

    Für Konflikte mit dem Vermieter gibt es Gerichte, ist doch ganz einfach. Noch dazu, da es keine Einzelfälle zu sein scheinen.

    Aber nun wieder eine Verstaatlichung zu fordern, damit die Allgemeinheit für die Modernisierung des eigenen Hauses aufkommt, finde ich etwas unangenehm. Entweder: Miete kürzen und selbst bezahlen oder halt Mieten hoch und nicht selbst bezahlen.

  • WM
    wenn man sozialen wohnungsbau verkauft !

    das alles hat schon vor dreissig jahren gewusst , als in deutschland in jeder kommune sozialer wohnungsbau verkauft wurde und der bund dieses

    instrument vollkommen eingeschränkt hat !

     

    sozialdemokratie und gewerkschaften sind heute vollkommen unglaubwürdig da unter ägide von

    helmut schmidt dieses alles begann !

     

    aber wo bleiben die massenproteste der mieter !?

  • S
    Schwenck

    Nach dem mutmaßlichen Ende der neoliberalen Politikphase der gigantischen Hamburger Immobilienspekulation muß die Stadt endlich den bezahlbaren Wohnungsbau auf breite Füsse stellen.

    Das fordern engagierte Mietervereine seit langem.

    Der GAGFAH-Skandal ist auch das Ergebnis mangelnden Qualitätswettbewerbs, sonst würde die amerikanische Heuschrecke ihre überteuerten Bruchbuden nicht vermietet kriegen. Herr Scholz, haben Sie gehört, da wartet eine dringende soziale Aufgabe auf kompetente Erledigung ? Nein, keine überdimensionierten Ghettos wie damals in den 70ern; bezahlbare Wohnungen in überschaubaren Häusern, ja, höchstens viergeschossig nach Hamburger Bauordnung.

    Nee, keine Ausnahmegenehmigungen von der Geschossflächenzahl gegen Parteispende wie damals in Barmbek-Süd. Und keine Sozialwohnungen an gewalttätige Drogenbosse wie in St. Georg. Nein Herr Scholz, das muß schon was Anständiges sein.

    Was, könn' Se nich ? Ach, Sie auch nich ?