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WohnungsmangelLeerstand rechnet sich nicht

Ein breites Bündnis fordert die Umwandlung von leer stehenden Büros in Wohnraum. Dafür gebe es jedoch unnötige rechtliche Hürden finden Mietervereine

Symbol der Absurdität: Der Astra-Turm. Bild: Miguel Ferraz

Für Hermann Kunst* ist es schon fast ein fester Wohnsitz. Jeden Abend bezieht er mit Schaumstoffmatte und Schlafsack die Einfahrt zur Tiefgarage eines Bürogebäudes an der Willi-Brandt-Straße. Dabei könnte er eigentlich im Haus übernachten, denn das Gros der Büros steht leer. Weil das in vielen Bürohäusern so ist und Wohnungen knapp sind, demonstriert am Samstag ein breites Bündnis unter der Losung "Leerstand zu Wohnraum".

"Eine Umwandlung von Büroflächen in Wohnraum ist theoretisch möglich", sagt Eckard Pahlke vom Mieterverein. Es sei sogar häufig kostengünstiger, Gewerbefläche in Wohnraum zu verwandeln anstatt sie ungenutzt zu lassen. Dies werde jedoch oft durch die Bauvorschriften verhindert. Der Senat müsse das ändern. Mehr noch: "Es müssen Vorschriften her, um leer stehenden Mietraum zwangsweise einer Nutzung zuzuführen", fordert Pahlke.

In die gleiche Kerbe schlägt Mieter helfen Mietern (MHM). Grundsätzlich sollte natürlich jede Wohnung über eine eigene Toilette und Wasseranschluss verfügen, sagt Sylvia Sonnemann von dem alternativen Mieterverein. Doch übergangsweise sollten etwa von Studenten auch Büroetagen mit Etagenklo genutzt werden können.

Ungünstig verteilt

Am Samstag wird gegen den Büroleerstand bei gleichzeitiger Wohnungsknappheit demonstriert.

Nicht vermietet sind in Hamburg knapp 1,2 Millionen Quadratmeter Bürofläche. Nach Schätzung der Mietervereine und des Netzwerks Recht auf Stadt könnten daraus 40.000 Wohnungen werden.

"Leerstand zu Wohnraum" ist die Losung, unter der ein Bündnis von 108 Organisationen und Initiativen demonstriert. Der Umzug startet um 13 Uhr am Uni-Campus und endet am Astra-Turm in St. Pauli.

Als ersten Schritt fordern die Veranstalter "die Legalisierung von Besetzungen", sagt Jonas Füllner vom Vorbereitungsbündnis - "damit große Immobilienunternehmen nicht länger ungestört ihre Geschäfte machen können".

Marc Meyer, Jurist bei MHM, verweist auf das Förderprogramm der Wohnungsbaukreditanstalt, die mit Prämien die Umwandlung von Gewerbeflächen in Mietraum unterstützt. So sind in den Jahren 2006 bis 2009 im Fördergebiet Hamburg 510 Mietwohnungen auf Gewerbeflächen entstanden.

Vertreter der Immobilienwirtschaft treten der These entgegen, dass sich Leerstand für Eigentümer lohne. "Das kann man so nicht sagen", findet Axel Kloth, der Vorsitzende des Immobilienverbandes Deutschland (IVD Nord). Büros absichtlich leer stehen zu lassen, könne allenfalls sinnvoll sein, wenn ein Gebäude saniert werden solle. Auch wenn mit einem Preisanstieg gerechnet werde, könne sich das lohnen: Über eine höhere Miete oder einen höheren Verkaufspreis, der sich an der Jahresmiete orientiere, könnten vorübergehende Verluste bisweilen mehr als wettgemacht werden. Allerdings sei ein gewisser Leerstand nötig, sagt Kloth. Firmen, die sich ansiedeln wollten, benötigten Spielräume. Der jetzige Leerstand sei der Wirtschaftskrise geschuldet.

Auch Vertreter der Immobilienberatungsfirma Jones Lang Lassalle (JLL) gehen davon aus, dass sich Leerstand in der Regel nicht rechnet. Nur "wenn die Miete so gering ist, das sie nicht einmal den Unterhalt des Gebäudes deckt", könne das der Fall sein, sagt Ferdinand Rock von JLL.

Bei einem Leerstand darauf zu spekulieren, dass in der Unternehmensbilanz eine fiktive hohe Miete als Wertmaßstab zu Grund gelegt werde, sei nach den neuen Bilanzregeln wenig aussichtsreich, sagt sein Kollege Roman Heidrich. Ähnliches gelte für den Beleihungswert eines Gebäudes.

Als Hauptgrund für den Leerstand sehen Rock und Heidrich eine schlichte Überproduktion. Die Bauherren hätten die Marktentwicklung falsch eingeschätzt.

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4 Kommentare

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  • SF
    Sachverständiger für Bewertung

    Auch wenn ich hier nicht in die "linke Ecke" reinpasse, dazu muss mal was gesagt werden:

     

    Leerstand rechnet sich nicht! Und ist auch nur insoweit "steuersparend", wie wirklich Kosten entstanden sind. Dass also ein "Superreicher" so blöd ist, für einige Milliönchen ein Bürogebäude zu bauen oder zu kaufen, um dann keine Einnahmen zu haben, ist wenig plausibel.

     

    Technisch ist die Umrüstung in Wohnungen aufwändig. Zudem, und das ist ein ganz wesentlicher Punkt, lähmt die extrem mieterfreundliche Gesetzgebung (und Auslegung) eine Investition in Wohnungen. Wenn man sich mit jeder Betriebskostenabrechnung, mit jeder Mieterhöhung, mit laufenden Mietminderungen wegen angeblicher Mängel vor Gericht rumschlagen muss, fördert dies nicht gerade die Lust, in Wohnungen zu investieren.

  • B
    buffer

    Einen guten Überblick, warum sich Leerstand für die Investoren doch rechnet, hat Andrej Holm hier gegeben.

  • PZ
    P. Zimmermann

    Dass die Vertreter der Immobilienwirtschaft hier ein vorsichtiges Dementi abgeben hat Gründe.

    Der Leerstand lohnt sich für die Eigentümer nicht unmittelbar. Dafür aber mittelbar. Denn es handelt sich hier um ein Steuersparmodell für Reiche.

    Wenn jemand sein überschüssiges Geld in Büroflächen anlegt, kann er/sie bei einem Leerstand derselben den Mietausfall in Zukunft voll von der Steuer absetzen. Zugrunde liegt die ortsübliche Gewerbemiete. Deshalb ist auch das Interesse sehr groß, dass diese hoch ist, wie z.B. in der Hafencity. Wäre hier die Stadt nicht als Mieterin eingesprungen, hätte dies zu einem Zusammenbruch auf der Nachfrageseite geführt und mit Leerstand könnte man dann aufgrund der sinkenden Mietpreise weniger abschreiben. Die Immobilienwirtschaft ist ja nur Verwalter und macht eh keine Verluste, sondern satte Gewinne, die letztendlich von der eingesparten Steuer ihrer Klientel bezahlt werden. Das Gros der Steuerzahler wird also zweimal betrogen. Einmal um die nicht gezahlten Steuern der Reichen und zum zweiten Mal durch Wohnungsmangel und dadurch hohe Mieten für alle.

    Die negativen Begleitfaktoren wie die für die Mehrheit unnütze Verbauung und Versiegelung von Leerflächen, hohe Grundstückspreise auch für den Wohnungsbau und ein, mit Verlaub gesagt, beschissenes Stadtbild, kommen noch obendrauf. Dadurch wird der Platz in der Stadt immer enger. Besonders Kinder leiden ja seit Jahrzehnten zunehmend darunter, dass in Städten das Spiel im Freien kaum noch möglich ist. ADHS und andere Störungen sind die Folge. Das bezahlen die Kinder, die Eltern und als Krankheitskosten letztendlich wieder alle.

    Daran kann man sehr gut sehen, dass die externen und sozialen Kosten des Überflusses der Wenigen für die meisten Menschen sehr hoch sind.

  • MN
    Mein Name

    Der Leeestand der Bürogebäude ist nicht der Wirtschaftskrise geschuldet. Seit ca. 20 Jahren werden in HH Büroburgen gebaut. Seit dem ist die Zahl der leerstehenden Büroquadratmeter stetig gestiegen. Und es wird felißig weitergebaut. Es war auch von vorn herien klar, dass die Büros in der neuen HafenCity zu viel sind. Deswegen sollte ja die Stadt einspringen, falls die Betreiber die Flächen nicht vermieten können... Heißt: man war sich durchaus sicher, dass es mindestens unsicher ist, ob man die Büros ale los wird.