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Archiv-Artikel

Wohntipps Ost, Wohntipps West

Pädagogische Wohnratgeber durchziehen die Geschichte des modernen Bauens – systemübergreifend. Ein kleines Quiz: Welche der folgenden Zitate stammen aus der „Wohnraumfibel“ des Autorenkollektivs im VEB Verlag für Bauwesen Berlin 1971 (vierte Auflage), welche aus Eva J. M. Schmidts Buch „Unsere Wohnung. Einrichten und Gestalten“, Gütersloh 1960, C. Bertelsmann Verlag? Auflösung siehe unten.

A Die kalte Pracht sowohl der großbürgerlichen Repräsentationswohnung als auch der „guten Stube“ des Kleinbürgers ist im Verschwinden begriffen. Reste aber sind heute noch vorhanden, und es ist mit ein Anliegen dieses Buches, das Verschwinden jener Erscheinungen zu beschleunigen, ja, sie völlig zu beseitigen.

B Wir sehnen uns nach Harmonie in unserer Umgebung. Manchmal wissen wir das gar nicht. Dass wir uns oft unbehaglich fühlen, liegt nicht nur am unerfüllten Leben, es liegt sehr oft am unharmonischen Wohnstil.

C Die Notwendigkeit und das Bedürfnis, besser zu arbeiten, prägen sich im Aussehen unserer Wohnung und ihrer Ausstattung aus. Wir brauchen uns nicht mehr von der Außenwelt abzuschließen, denn was draußen geschieht, geschieht für uns und mit uns, nicht mehr gegen uns.

D Es gibt eine große Gruppe von Möbeln und dergleichen aus der Zeit etwa zwischen 1870 und 1920, die heute unerträglich wirken und entweder zerhackt oder gründlich verändert werden müssen.

E Das Schöne ist nicht unbedingt auch das Zweckmäßige, aber das Zweckmäßige ist fast immer auch schön. Sinnlose Dekoration, die angeberhaft scheinbar schmücken und verschönern soll, ist unschön.

F Alles, was nach Parade aussieht, ist, wie alles Gezwungene, in unserer Wohnung unangebracht und führt sofort und unausbleiblich zu Missgriffen. Ein Missgriff ist es, wenn die Kissen mitten auf das Sofa gestellt werden, mit einem Knick in der Mitte.

G Natürlich kann man aus Gräueln keine Kunstwerke machen, aber man kann versuchen, ihnen eine heitere Note abzugewinnen. Wenn man anfängt, sie nicht mehr ernst und wichtig zu nehmen, verlieren sie ein wenig von ihrer finsteren Geschmacklosigkeit.

H Das Kind muss die Möglichkeit haben, diesen [gesammelten] Kram ordentlich aufzubewahren, so lange, bis es – selber desinteressiert – zum Wegwerfen ermuntert wird. Denn das Wegwerfen muss man lernen und lehren.

I Die verbrauchte Luft, die zu hohe Temperatur in Räumen, die tagsüber bewohnt werden, sind ungünstige Faktoren für die Reproduktion des menschlichen Organismus. Es bestehen also gute Gründe für ein Schlafzimmer und gegen einen Wohn-Schlaf-Raum.

J Bilder gehören nur dann ins Schlafzimmer, wenn sie dort einen Sinn haben. Der Elfenreigen über den Ehebetten, als Krönung der feierlichen ehelichen Aufbahrung, ist völlig sinnlos und albern.