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Wohnprojekt im WestjordanlandEine neue Stadt für Palästinenser

Im Herzen des Westjordanlandes entsteht ein modernes Wohnprojekt für den palästinensischen Mittelstand. Nicht Dschihad oder Arafat heißt die Stadt, sondern Rawabi.

Schon 7000 Anfragen: Erschließungsarbeiten für Rawabi im Februar. Bild: dpa

Bashar Masri ist ein Mann mit Vision, den die Herausforderung lockt. Mit großen Schritten nimmt der 49-jährige Geschäftsmann sein jüngstes Projekt in Angriff. Er baut eine Stadt. Rawabi soll sie heißen, das arabische Wort für "Hügel". Schon ebnen Bulldozer in mühsamer Arbeit den schwer zu bändigenden Boden der sechs kleinen Berge, auf denen in der ersten Bauphase 5.000 Wohnungen entstehen sollen. Platz für 40.000 Neubürger.

Die künftige Stadt ist eine Mischung aus alt und neu, aus Orient und Okzident mit "deutlich höherem Lebensstandard als in anderen Städten", verspricht der Bauherr. Das soll mit der Struktur von Nachbarschaften erreicht werden und einem Stadtzentrum, das sich an der Altstadt von Jerusalem und Nablus orientiert. Gleichzeitig wird es eine autofreie Innenstadt geben mit tausenden grünen Bäumen. Moscheen und Kirchen sind geplant, Freizeitparks, Kinos, Theater und Galerien. In zweieinhalb Jahren kommen, so die Planung, die ersten Umzugswagen.

Als Masri die Idee vor dem Expertenteam seines Immobilien-Unternehmens vortrug, "zählten wir über 100 Hindernisse", erinnert sich der schlanke Geschäftsmannt. "Massar International" umfasst ein Netzwerk von 15 Filialen mit dem Hauptsitz im Westjordanland. Vor allem in Marokko, in Ägypten und Jordanien baut Masris Unternehmen Wohnungen, Einkaufszentren, Unterhaltungs- und Erholungsstätten. Den Namen "Rawabi" wählten die Städteplaner mit bedacht. "No politics", erklärt Masri, der Namensvorschläge wie "Djihad", "Arafat" oder "Jaffa" rundweg ablehnte. Die mit Abstand höchste Hürde beim geplanten Städtebau sei der Kauf des Landes gewesen, das Masri neun Kilometer nördlich von Ramallah "im Herzen des Westjordanlandes", wie er sagt, für sein Projekt auswählte. Die Suche nach den Eigentümern, die zur Mehrheit in alle Welt zerstreut leben, habe Monate gedauert. Unerwartetet leicht erging es Masri wiederum bei der Suche nach Investoren. Einmal Vorsprechen bei der Regierung in Qatar reichte, um finanziell grünes Licht geben zu können. Qatar steckt mit 70 Prozent in dem Projekt, "Massar International" hält den Rest.

Rawabi ist ein "strikt unternehmerisches Projekt des privaten Sektors", gibt Masri ohne Umschweife zu. "Im Bereich der Wohlfahrt habe ich keine Erfahrungen." Und doch geht es dem in Nablus aufgewachsenen Sohn einer der reichsten palästinensischen Familien nicht nur ums Geld. Investition im Westjordanland heißt immer auch politische Unwägbarkeiten in Kauf nehmen zu müssen, während "wir in Marokko sicheren Profit machen können". In den Palästinensergebieten mangelt es an Wohnraum. Rund ein Drittel der Menschen lebt in provisorischen Behausungen oder in völlig beengten Verhältnissen. Ursprünglich hatte Masri noch eine zweite Stadt im Gazastreifen geplant, was jedoch am Machtwechsel und der anschließenden israelischen Blockade scheiterte.

Der sympathische Unternehmer trifft fast überall auf offene Türen. Das Weiße Haus jubelte über seine Pläne und die Palästinensische Autonomiebehörde signalisierte umgehend Kooperation bei der Finanzierung öffentlicher Gebäude. Sogar der israelische Verteidigungsminister Ehud Barak kündigte an, den Bau einer Zufahrtsstraße nach Rawabi zu genehmigen, obwohl sie über das Land einer israelischen Siedlung führen wird. "Die Straße, die die Siedler ärgern wird", lautet die Überschrift. Ateret und Chamisch gehören indes zu den isolierten Siedlungen, die im Rahmen einer End-Status-Lösung ohnehin geräumt werden müssten.

El Masri, der mit einer Amerikanerin verheiratet und Vater zweier Töchter ist, hat überall seine Finger im Spiel. Sogar bei der Auswahl der Steine für das Stadtzentrum steht er begutachtet die probeweise auf knapp einen Meter hoch gemauerten verschiedenen Steinarten.

Zielgruppe für die zwischen 100 und 140 Quadratmeter großen Wohnungen ist die mittlere bis gehobene Einkommensklasse, junge Alleinstehende, Paare und Familien. Vorläufig bewegen sich die Preise für eine Wohnung bei 70.000 Dollar für die kleineren und 100.000 Dollar für die größeren Wohnungen. Das ist rund 25 Prozent günstiger als in Ramallah. Schon jetzt sind auf der Internetseite von Rawabi 7000 Anfragen eingegangen. Masris Team hat die Auswahl. Man wünscht sich "gebildete, moderne Internet-User, die im festen Arbeitsverhältnis stehen".

Sobald die ersten 5000 Bürger ihr neues Zuhause bezogen haben, sollen sie das Schicksal Rawabis durch die Wahl einer Stadtverwaltung selbst in die Hand nehmen. Bis dahin plant Masri eine grün-ökologische und kinderfreundliche Stadt, die jungen Müttern durch Angebote der Babyversorgung eine schnelle Rückkehr in ihren Beruf ermöglichen soll. "Nur wenn wir Erfolg haben, werden weitere Investoren bereitstehen."

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18 Kommentare

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  • T
    TOM

    Alex: Es wurde warscheinlich hier veröffentlicht, damit man sieht wozu die Politik Israels bei manchen Menschen führt und wie sehr Ihr Denken beginnt astreines Rassistisches Gedankengut zu präsentieren. Von der Shoa reden und dabei so etwas loslassen? Eigentlich Paradox Hagen, denn dir fällt nicht auf wie sehr du genau das absonderst, was Leute die diese Shoa verübt haben auch dachten. Zumindest die Richtung ist leider ähnlich

  • M
    MondoPrinte

    "...was jedoch am Machtwechsel und der anschließenden israelischen Blockade scheiterte."

    - na, entspricht das denn wirklich den wirklichen Fakten? Die Blockade des Gazastreifens reicht m.W. zurück bis zum Beginn des Nahostfriedensprozesses.

  • AB
    Alex B.

    Liebe taz,

    warum wird hier so einem wie Hagen ein Forum geboten? "Feind des eigenen Volkes" und ähnliche Sarrazinanden. Warum schaltet Ihr eigentlich Kommentare erst frei, wenn dann so ein faschistoider Mist trotzdem durchgewunken wird?

  • M
    Monika

    ... und das ist Antisemitismus, wie er verletzender nicht sein koennte: mir sagen zu wollen, wo ich als Juedin zu leben habe (wenn schon im Westjordanland, dann in einer Siedlung) und in wen ich mich zu verlieben habe und mit wem ich eine Familie gruenden soll.

     

    Und wie ich zu denken habe ...

     

    Das Schlimme ist, dass Sie nicht einmal merken, wie sehr Sie sich selber disqualifizieren.

  • H
    Hagen

    @von Monika

     

    Auf ein Neues. Die "taz" hat, nach guter Hamasmanier, meinen Kommentar auf Ihr Gejammere natürlich nicht gedruckt. Liegt ja auch nicht auf der Hurralinie pro "Palästina". Ich habe mir nur erlaubt Ihnen zu sagen, dass Sie sich vorher an Ihre Familie hätten erinnern sollen, die die Shoa überlebt hat, bevor Sie einen Feind Ihres Volkes heiraten. Sie wundern sich jetzt, wie die Israelis Sie bahandeln. Wie sollen die Israelis Sie denn behandeln? Wollen Sie ein Belobigungsschreiben? Seien Sie doch nicht so naiv. Israel befindet sich im Krieg. Alle Araber dieser Welt, warten nur auf das kleinste Anzeichen einer Schwäche Israels, um es auszulöschen. Und Sie beklagen sich. Sie tun mir leid.

  • H
    Hagen

    @von Monika

    Daran, dass Ihre Vorfahren die Shoa überlebt haben,

    hätten Sie sich erinnern sollen bevor Sie Ihren

    palästinensischen Mann geheiratet haben.

    Naja......ich will mich weiter darüber auslassen, was es bedeutet einen Feind des eigenen Volkes zu heiraten.

  • M
    Monika

    Ich bin Juedin – und lebte lange Zeit in der Naehe von Ramallah, bei Birzeit in einem Haus mit meinem Mann (Palaestinenser) und unseren Kindern. Ich habe die deutsche Staatsbuergerschaft. Waere ich Israelin, dann waere es mir von Anfang an verboten – vom israelischen Staat, nicht von den Palaestinsern. Wollte ich in Palaestina leben (nicht in einer Siedlung) muesste ich in einem solchen Fall die israelische Staatsbuergerschaft aufgeben. Die Siedlungen gehoeren zu Israel und keine Palestinenser duerfen sie betreten.

     

    Wir koennen nicht wieder langfristig in unserem Haus in Birzeit leben, da ich und die Kinder keine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis bekommen. Von den Israelis – wohlgemerkt! Ich bekomme nur ein Drei-Monatsvisum, das ich immer wieder verlaengern muss, es gibt aber keine Garantie, dass es verlaengert wird.

     

    Als ich vor drei Jahren zum Urlaub nach Deutschland gereist bin, wurde mir an der Grenze bei der Wiedereinreise mitgeteilt, dass ich kein neues Visum bekomme. Nichts hat geholfen, auch die deutsche Botschaft konnte nichts tun. Bin dann erst bei meinen Eltern unter gekommen, dann Job gefunden, Wohnung gemietet, Kinder an neuer Schule angemeldet, Mann nachgekommen.

     

    Das habe ich schon einmal in einem anderen Kommentar zu einem aehnlichen Artikel geschrieben.

     

    Und was soll das mit diesem ganzen ‘judenrein’? Ich hoffe, Sie wissen, welche Gruppe(n) das im Wahlkampf und besonders zur Zeit des Disengagement benutzt haben.

    Was glauben Sie denn, wie sich jemand fuehlt, der (oder dessen Vorfahren) die Shoa ueberlebt haben und wirklich mitbekommen haben, was ‘judenrein’ bedeutet, wenn die gleiche Terminologie in diesem Zusammenhang benutzt wird?

     

    Also, wenn das die Freunde Israels sein sollen, die so argumentieren, dann braucht es wirklich keine Feinde mehr.

  • D
    denninger

    Jessas, was tummeln sich hier nur für, mit Verlaub gesagt, Hohlköpfe.

    Der eine wittert überall Judenhass und der andere ist sich nicht zu blöde, grund- und sinnlos auf "die Israelis" einzuprügeln.

    Kann denn nicht einfach über ein Projekt im Westjordanland bereichtet werden ohne dass Ihr Euch an die Gurgel geht?

    Euer Geplärre ist einfach nur infantil.

  • GD
    Geist den ich rief...

    @Hagen

    na na, nicht als erster mit Steinen werfen. Das bekäme ihnen gar nicht. Mal so von Kleingeist zu Kleingeist.

  • M
    max

    lieber hagen, wenn du meinst (mal wieder) den antisemitismus entdeckt zu haben, dann behaupte das doch nicht einfach, sondern teile dich uns mit. wo ist er denn in den kommentaren versteckt, die auf dein geistloses posting geantwortet haben? hilf uns, auf das wir alle weiser werden.

     

    @ stefan: eine palästinensische stadt im palästinensischen westjordanland kann gar kein gegenentwurf zu den illegalen israelischen siedlungen dort sein. ein solcher gegenentwurf wäre eine arabische siedlung in israel, die von soldaten gegen die einheimischen geschützt wird und mit dem westjordanland durch eine gut ausgebaute straße verbunden ist, deren benutzung israelis verboten ist.

    warum übrigens sollen eigentlich die kolonisierten gegenüber dem kolonialherren zuerst nachsichtig und tolerant sein ("judenrein" etc.)?

    und was machen diese israelischen siedlungen da eigentlich im westjordanland? seit langem warte ich auf eine erklärung, mit der solche bedingungslosen befürworter jeglicher israelischer politik wie du einmal stellung zu diesem thema beziehen, denn ich bin wirklich interessiert daran, ob menschen wie du meinen, die siedlungspolitik sinnvoll rechtfertigen zu können.

  • H
    Hagen

    Danke für die Kommentare. Ich wollte nur einmal lesen, wieviel Antisemitismus auf meinen harmlosen Kommentar versprüht wird. Interessant, Ihr Kleingeister!!!

  • S
    Stefan

    Wir haben uns schon so daran gewöhnt, dass sich palästinensische Interessen um die sofortige oder schleichende Vernichtung Israels drehen, dass wir andere Ansätze gar nicht mehr nach normalen Maßstäben betrachten, sondern sofort davon überzuckert sind.

    Die Frage, ob diese als ganz normal konzipierte Stadt judenrein werden soll oder nicht ist doch berechtigt. Oder soll diese Stadt einen Gegenpol zu den verhassten Siedlungen bieten? Das andererseits steht nicht im Artikel.

     

    @ alle Spinner:

    Die Verbote für Israelis bzgl. des Westjordanlandes basieren auf Sicherheitsgedanken, nicht auf einem Trennungswunsch. Juden laufen dort Gefahr ermordet zu werden. Thats it.

  • S
    semmel

    @von Hagen

     

    Ich glaube das du wichtige "Zeilen" aus dem Friedensvertrag nicht kennst !

    Es ist Israelis verboten ins Westjordanland zu reisen,geschweige den zu leben.

    Dieses verbot hat nicht die Palästinensische Regierung erlassen sonder die Israelische ! Hast noch mehr Weisheiten zu verkünden ?

  • R
    Rudi

    @Hagen: Auch nur ironisch - Wie viele der von den "sympathischen" Zionisten widerrechtlich errichteten

    Okkupationsdörfern haben Moscheen?

  • K
    Kunibert

    @ Hagen: "Die israelische Regierung hat sich dafür stark gemacht, dass keine Synagogen gebaut werden. Die Bombardierung der Stadt durch israelische Streitkräfte würde dadurch wesentlich erschwert."

  • M
    max

    @ hagen: halt doch einfach den rand, wenn du nichts zu sagen hast. oder frag jüdische siedler, ob sie in ihren siedlungen auch moscheen für ihre nachbarn haben, wenn du wen provozieren willst. arm.

  • S
    sam

    Hagen .... Palastinensern dürfen in israelischen Siedlungen nicht leben, warum solen Sie Städte den jenigen bauen, die Ihre eigene Städte/Häuser zerstören/zerstört haben.

    Den Israelis mangelt es doch nicht an Häusern.

  • H
    Hagen

    Moscheen und Kirchen......und Synagogen?

    Oder soll die neue Stadt "Judenrein" sein?

    Ich glaube zwar nicht, dass Juden in diese Stadt ziehen werden, ist auch nur ironisch gemeint. Das nichts von Synagogen geschrieben wird, spiegelt schon die Geisteshaltung dieses "Sympatischen Unternehmers" wieder.