Wohnen und Mieten: Sozialmieter müssen warten
Rot-Rot beschließt im Bauausschuss das Wohnraumgesetz. Mietervertreter kritisieren das Papier und fordern, Sozialmieten unter dem Mietspiegel zu halten.
Trotz ursprünglicher Bedenken der Linkspartei hat die rot-rote Koalition am Mittwoch im Bauausschuss des Abgeordnetenhauses das Wohnraumgesetz beschlossen. Es soll den künftigen Umgang mit Sozialwohnungen regeln. Kommende Woche steht die endgültige Entscheidung in der Plenarsitzung an, auf Grund des Votums im Ausschuss gilt die Zustimmung als sicher. Der Mieterverein kritisiert den Entwurf als "falsche Weichenstellung".
Die Debatte fußt in der Berliner Ausgestaltung des sozialen Wohnungsbaus. Dort gilt nicht der Mietspiegel, sondern die Kostenmiete, also die Miete, die der Eigentümer verlangt, um seine Investitionskosten zu decken. Weil das Land die Differenz zwischen Sozialmiete und Kostenmiete übernahm, war es für Investoren attraktiv, teuer zu bauen. Das führte zu hohen Ausgaben für die Landeskasse, solange die Wohnung gefördert wurde, und zu hohen Kosten für die Mieter, wenn die Förderung endete. Das will der Senat ändern.
Doch nachdem er im April seinen Entwurf verabschiedet hatte, hagelte es Kritik unter anderem von Seiten des Mietervereins und der Opposition: Das Gesetz werde nicht die Mieter sondern die Investoren schützen. Besonders die Linkspartei geriet unter Druck, gibt sie doch an, sich dem Mieterschutz verpflichtet zu fühlen.
Im jetzt beschlossenen Entwurf sind daher einige Änderungen enthalten. "Wichtig war uns vor allem eine Härtefallregelung", sagt Uwe Doering, wohnungspolitischer Sprecher der Linksfraktion. Demnach soll der Mieter Anspruch auf Mietausgleich oder Umzugshilfe haben, wenn die Förderung für seine Wohnung ausläuft und das zu "einer besonderen Härte" führen würde. Eine weitere Änderung gegenüber dem vorherigen Entwurf: Fällt eine Wohnung aus der Förderung und würde die Miete dadurch über das Niveau des Mietspiegels steigen, wird sie auf dem Niveau der ortsüblichen Vergleichsmiete gekappt.
Mietervertreter bleiben jedoch bei ihrer Kritik: "Das ist kein Wohnraumgesetz, sondern ein Gesetz, um den sozialen Wohnungsbau zu beerdigen", sagt Reiner Wild, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins. "Es bringt überhaupt gar nichts", sagt Sebastian Jung vom Bündnis sozialmieter.de. Beide kritisieren, dass Wohnungen - zum Beispiel bei einem Wechsel des Eigentümers - ihren Status als Sozialwohnung verlieren sollen. "Das ist so, als wenn es anfängt zu brennen und man verschenkt die Feuerlöscher", sagt Jung. Angesichts der angespannten Mietensituation in Berlin brauche man mehr und nicht weniger Sozialwohnungen.
Andreas Otto, wohnungspolitischer Sprecher der Grünen, kritisierte in der Sitzung des Ausschusses nicht nur die Inhalte des Gesetzesentwurfs, sondern auch das Verfahren. Die letzten Änderungen hatten die Abgeordneten erst im Ausschuss erhalten. "Eine seriöse Behandlung sieht anders aus", sagte Otto. Einen Antrag, die Entscheidung zu vertagen, lehnte die Koalition jedoch ab.
Die Mietervertreter fordern einen festgeschriebenen Prozentsatz, den die Miete in Sozialwohnungen unter der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen soll. Das gibt es derzeit beispielsweise im baden-württembergischen Stuttgart. Die Koalition lehnt einen solche Regelung jedoch ab - es gebe verfassungsrechtliche Bedenken, unter anderem wegen eines Eingriffs in das Eigentum. Wild hält das für vorgeschoben: "Man sieht doch, dass es woanders geht." Auch in Baden-Württemberg habe man Klagen von Vermietern nicht sorglos in Kauf nehmen können.
Doch auch die Linkspartei gibt zu, dass das Gesetz der große Wurf nicht wird. "Es ist ein kleiner Schritt", sagt Doering. Ein weiteres Gesetz sei notwendig, das die Grundlage für einen neuen sozialen Wohnungsbau lege.
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