Wohnen in Brandenburg: Noch kein Tesla-Effekt

Bei Mieten und Wohnungsleerstand geht die Schere zwischen Speckgürtel und Peripherie in Brandenburg weiter auseinander.

Man sieht eine Baustelle

Neubau in Bernau. Der Speckgürtel boomt Foto: Sebastian Wells

BERLIN taz | Es hätte eine gute Nachricht sein können. Vor mehr als einer Woche meldete das Amt für Statistik eine Zunahme der Bevölkerung in Brandenburg. 9.178 Einwohner hat die Mark 2020 im Vergleich zum Vorjahr gewonnen. Berlin dagegen musste erstmals seit Langem einen Bevölkerungsverlust von 5.403 Bewohnerinnen und Bewohnern hinnehmen. Brandenburg gewinnt, Berlin verliert: So hätte die Nachricht lauten können.

Aber Brandenburg gewinnt halt nicht überall. Das zumindest war die Botschaft, die der Verband Berlin Brandenburger Wohnungsunternehmen BBU am Mittwoch parat hatte. In Lauchhammer etwa steht jede dritte Wohnung leer. Aber nicht nur in der Niederlausitz im Süden, sondern auch in der Prignitz im Nordwesten und in den Grenzregionen zu Polen wachsen die Probleme.

In Wittenberge, das sich seit einiger Zeit vermehrt um den Zuzug aus Berlin bemüht, ist der Leerstand 2020 gegenüber 2019 von 21,9 auf 22,8 Prozent gestiegen. Auch in Eisenhüttenstadt stieg die Quote von 15,0 auf 15,4 an. „Im weiteren Metropolenraum sind die Leerstände bis zu fünf Mal so hoch wie im Berliner Umland“, betonte BBU-Vorständin Maren Kern. Ihr Verband vertritt kommunale und private Wohnungsunternehmen, die 41 Prozent der Mietwohnungen in Brandenburg bewirtschaften.

Auch die Alterung der Bevölkerung schreitet in den berlinfernen Regionen schneller voran als im Speckgürtel. „Oft finden die Wohnungsunternehmen nach Sterbefällen keine Nachmieter mehr für eine Wohnung“, weiß Kern. Die Alterung führe dann zu einem weiteren Bevölkerungsrückgang. Für Eisenhüttenstadt etwa wird bis 2030 mit einem weiteren Verlust von mehr als 4.000 Bewohnern gerechnet. Die Stahlstadt könnte dann auf den symbolischen Wert von weniger als 20.000 Einwohnern fallen.

Mieten niedriger als in Berlin

An den Mieten können die Bevölkerungsverluste nicht liegen. Mit durchschnittlich 4,98 Euro Nettokaltmiete liegen sie in der Peripherie um 27 Prozent niedriger als in Berlin mit 6,79 Euro. Selbst das Umland liegt mit 5,28 noch unter dem Berliner Schnitt. Offenbar müssen erst die Mieten in Bernau und Erkner auf Berliner Niveau steigen, bis die Bevölkerungswanderung zwischen Berlin und Brandenburg auch in Frankfurt (Oder) und Eisenhüttenstadt zu Zuzügen führt.

Dennoch ist Maren Kern zufrieden. „Brandenburg ist ein Land, das sich sehr stark für die Zukunft aufgestellt hat.“ Als Beispiele nannten sie Tesla und den BER, aber auch den Strukturwandel in der Lausitz. Einen Tesla-Effekt könne man auf dem Brandenburger Wohnungsmarkt aber noch nicht bemerken, auch wenn in manchen Städten wie Erkner der Leerstand abgenommen hat. „Das ist zu früh“, sagte Kern, „wir wissen ja noch nicht einmal, wie viele Mitarbeiter von Tesla aus Berlin oder Polen nach Grünheide pendeln werden.“

Viel Licht, aber auch Schatten also in Brandenburg. Trotz der zuletzt stabilen Bevölkerungsentwicklung in den vergangenen Jahren und dem Stopp des Bevölkerungsverlustes in Städten wie Frankfurt (Oder) prognostiziert das Amt für Statistik eine Konzentration des Wachstums in Brandenburg im Berliner Umland. Während Potsdam und der Landkreis Dahme-Spreewald mit Zuwächsen bis zu zehn Prozent rechnen können, müssen die Landkreise Oberspreewald-Lausitz, Elbe-Elster oder Spree-Neiße mit ebenso großen Verlusten rechnen.

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