Wohnen in Berlin: „Wir bauen preiswert“

Die Gewobag setzt nicht nur auf Neubau, sondern auch auf den Kauf von Wohnungen, sagt ihr Geschäftsführer Markus Terboven.

Sehen hübsch aus, sind aber teurer als vor der Sanierung: Gewobag-Wohnungen in Spandau Bild: Klaus Dombrowsky

taz: Herr Terboven, für den Senat ist Ihre Gewobag der Musterknabe unter den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften. Wie fühlt man sich da?

Markus Terboven: Wir freuen uns über Lob. Wir wollen uns aber nicht mit den anderen Gesellschaften vergleichen. Wir tun, was der Gewobag nutzt, dem Land Berlin und unseren Mietern.

Der Senat hat sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, den Bestand der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften von 270.000 auf 300.000 zu erhöhen. Die meisten landeseigenen Gesellschaften reden über Neubau. Die Gewobag kauft Bestände dazu. Wie sind Sie dazu gekommen?

Wir haben ein sogenanntes Zweiphasenmodell. In der ersten Phase wollen wir die aktuelle Situation nutzen. Damit meine ich, dass derzeit große Immobilien-Portfolien in Berlin auf den Markt kommen. Gleichzeitig befinden sie sich, was die Verkäufer angeht, teilweise in schwachen Händen. Hinzu kommen noch sehr günstige Zinskonditionen. Das ist eine ideale Kombination, um unseren Bestand schnell und zielorientiert zu erweitern. Dieses Zeitfenster, von dem keiner weiß, wie lange es noch dauert, hat sich vor ungefähr zwei Jahren geöffnet. Das nutzen wir sehr intensiv.

Sie haben in den vergangenen zwölf Monaten über 5.000 Wohnungen gekauft.

Wir haben 5.500 Wohnungen zugekauft. Wir wollen insgesamt 10.000 zukaufen. Damit wären wir allein durch die Zukäufe von 50.000 auf 60.000 Wohnungen gewachsen. Das ist eine Größenordnung, die wir schaffen können, ohne unsere Verschuldung überdurchschnittlich zu erhöhen.

Was passiert mit Ihren neuen Häusern?

Die Ankaufsobjekte weisen bisher etwa 5 bis 10 Prozent Leerstand auf. Wir werden diesen Leerstand durch unsere Instandhaltungs- und Vermietungsstrategie erheblich reduzieren, sodass den Berlinerinnen und Berlinern neuer Wohnraum zur Verfügung steht. Wenn wir 10.000 neue Wohnungen kaufen, haben 25.000 Bewohner eine sichere Wohnperspektive.

Sie kaufen vor allem von Finanzinvestoren, die auf den Markt gehen müssen, weil es bei ihnen eng wird. Zu welchen Preisen kaufen Sie?

Die Branche redet von Multiplikatoren auf die Miete. Wir kaufen um das 14- bis 15-Fache der Jahresmiete. Normal sind das 16- bis 17-Fache. Wir kaufen dabei vor allem von denen, die wenig Zeit haben, oder bei denen die Bankenaus dem Engagement rauswollen. Wir sind inzwischen in der Branche dafür bekannt, dass wir innerhalb von etwa zwei Monaten auch große Bestände kaufen können.

25.000 neue Mieter bei der Gewobag: Mit welchen Mietentwicklungen haben die zu rechnen?

Wir werden die neuen Bestände genauso behandeln wie die, die wir jetzt schon haben. Wir haben ja wie die anderen Gesellschaften das Mietenbündnis unterschrieben. Wir halten uns auch bei den zugekauften Objekten an diese Regeln, orientieren uns also an der ortsüblichen Vergleichsmiete.

Sie haben Ihre Bestände auch in Prenzlauer Berg und Pankow. Auch Neubau ist für Sie ein Thema. Nächstes Jahr bauen Sie in einer Baulücke in der Chodowieckistraße. Auf welche Mieten kommen Sie da?

Wir wollen sowohl auf eigenen Grundstücken bauen als auch auf denen, die uns der Liegenschaftsfonds zur Verfügung stellt. Die Mieten werden im Schnitt bei 10 Euro netto kalt liegen. Wir wollen da aber quersubventionieren, sodass in den oberen Geschossen und im Dachgeschoss die Miete höher ist als in den unteren Geschossen. Das Erdgeschoss wollen wir gewerblich nutzen.

In Prenzlauer Berg verwalten Sie untere anderem den Thälmannpark. Auch da stehen Veränderungen bevor.

Wir sind in einer sehr frühen Sondierungsphase. Derzeit schauen wir, wie vorhandene Gebäude, die bisher zum Beispiel gewerblich genutzt wurden, in Wohngebäude umfunktioniert werden können. Danach werden wir uns auch mit dem Thema Nachverdichtung beschäftigen.

Wie viele Wohnungen wollen Sie neben den 10.000, die Sie dazukaufen, neu bauen?

In einer ersten Tranche wollen wir etwa 3.000 Wohnungen bauen, 1.000 davon in den nächsten beiden Jahren.

Die Neubaukosten bewegen sich zwischen 1.000 Euro und 3.000 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche. Wo werden Sie da liegen?

Hohe Kosten bis zu 3.000 Euro müssen heute nicht mehr unbedingt sein. Wenn man den Anspruch hat, eine Mietwohnung und keine eigengenutzte Wohnung zu errichten, dann kann man heute für 2.000 Euro je Quadratmeter bauen. Dazu kommen noch mal durchschnittlich 500 Euro für das Grundstück. Da kommen Sie dann auf diese Kostenmiete von ungefähr 10 Euro pro Quadratmeter. Meine Sorge gilt allerdings der Preisentwicklung bei den Baukosten in den nächsten fünf bis zehn Jahren. Wir müssen bei einer weiteren Ausweitung der Neubauaktivitäten in Berlin mit deutlichen Preissteigerungen zumindest in bestimmten Gewerken rechnen.

Sie sind ein Musterknabe, was die Ankäufe angeht. Wird die Gewobag auch beim Neubau die Nase vorn haben?

Was die Quantitäten angeht, wird man sehen. Was das Qualitative angeht, haben wir den Vorteil, über einige Baulücken in städtebaulich interessanten Lagen wie Prenzlauer Berg zu verfügen. Da wollen wir modern, aber preiswert und bedarfsorientiert bauen. Das ist eine schöne Herausforderung.

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