Wochenübersicht: Lautsprecher : Jörg Sundermeier sichtet die soziale Bewegung in der Stadt
Das liebe, gute, alte Weihnachten. Obschon weder das Wetter noch die Einkäuferinnen und Einkäufer, die man so gern die lieben Kunden nennt, sich groß darum bemühen, eine Weihnachtsstimmung herzustellen, greift diese muntere Kombination aus Feiertagen doch nahezu jede und jeden an. Alle werden besinnlich, ziehen sich zurück und herzen denn doch per Telefon oder auf irgendeiner dieser unzähligen Weihnachtsfeiern ihre besten Freundinnen und Freunde. Glühwein wird bei Sonnenschein getrunken, und manche, hört man, simulieren einen Schnupfen, damit sie sich weihnachtlich fühlen können. Auch die Linke in Berlin passt sich an, in allen Clubs, Läden, Inis oder Gruppenräumen herrscht in dieser Woche Friedensstimmung, Videos werden gezeigt, oder aber es wird sich – ganz schön aufmüpfig! – gegen (!) Weihnachten betrunken und ein paar Punkbands machen viel Radau. Selbst die munteren studentischen Streikposten werden zu ihren Eltern gefahren sein, die Flugblätter und Aufrufe liegen in den Fächern, werden auf dem kalten Boden feucht oder lagern bereits im Altpapier. Offensichtlich ist es also so, dass die Geburt dessen, der uns unter anderem mit Papst und Teufel beschenkte, auch die Linke nicht loslässt – sie macht es unchristlich, besinnt sich aber dennoch irgendwie und nutzt die Zeit, um sich gut zu fühlen. Ein bisschen ist Weihnachten also wie Karneval, es geht uns alle an, wir können nicht fliehen. Das löbliche Café Morgenrot jedoch kann sich zwar auch den tollen Tagen nicht entziehen, lädt aber am Mittwoch zu einer „Großen Weihnachts-Soli-Sausenparty“, bei der man, wenn man schon Besinnung und Suff zusammenbringt, etwas Gutes tut – der Erlös der Partie kommt unter anderem der Initiative gegen das Chipkartensystem zugute. Weihnachten heißt teilen und schenken lernen, und hier sieht man, dass es geht.