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Wo steht noch ein Sparschwein rum?

■ Koalitionsvorschläge für weitere ABM-Kürzungen sind fürs erste vom Tisch. Geißler: Einsparungen beim Weihnachtsgeld für Beamte sind zumutbar. Gerhard Schröder (SPD) will freie Bahn für Neuwahlen

Berlin/Bonn (AFP/Reuter) – So fies will keiner gewesen sein: Die Überlegungen in der Bonner Koalition für neue Kürzungen bei Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) sind offenbar vom Tisch. Unionsfraktionschef Wolfgang Schäuble erklärte gestern in Berlin, wenn bei ABM weiter gestrichen werde, hätte dies schädliche Auswirkungen auf die Arbeitsmarktlage in den neuen Ländern. Finanzminister Theo Waigel (CSU) wies vor einer Sitzung der Unionsfraktion in Berlin Presseberichte zurück, er habe die ABM- Kürzungen angeregt. Vielmehr handele es sich um Vorschläge aus der Koalition, die das Finanzministerium nur geprüft habe.

„Wir werden aber nichts tun, was sich auf den Arbeitsmarkt im Osten negativ auswirken wird“, betonte Schäuble. Laut Presseberichten sollten durch Kürzungen bei ABM und bei der Ausbildungsförderung noch in diesem Jahr zwei Milliarden Mark eingespart werden. Zuvor hatten bereits Sozialpolitiker und ostdeutsche Unionsabgeordnete dagegen Widerstand angekündigt.

Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Heiner Geißler, bekräftigte in Berlin, ABM-Kürzungen wären „eine schlechte Lösung für die Menschen, vor allem in Ostdeutschland“. Die FDP-Sozialpolitikerin Gisela Babel sagte dem Kölner Express: „Der Schaden, den kurzatmige Kürzungsaktionen anrichten, würde den Nutzen bei weitem übertreffen.“

Presseberichten zufolge erwägt die Koalition auch drastische Einschnitte beim Weihnachtsgeld für Beamte und das Abschöpfen von Überschüssen bei der Pflegeversicherung zur Haushaltskonsolidierung.

Waigel wollte zunächst keine näheren Angaben zu weiteren Einsparplänen machen. Geißler sagte zum Weihnachtsgeld, wenn Bau- oder Stahlarbeiter Streichungen bei Lohnzusatzleistungen in Kauf nehmen müßten, „dann kann der öffentliche Dienst davon nicht unberührt bleiben“. Der CDU-Sozialpolitiker Rainer Eppelmann wandte sich entschieden gegen das Vorhaben, die Pflegeversicherung zum Stopfen von Haushaltslöchern heranzuziehen.

Die Unionsabgeordneten wollten in Berlin sowohl über den Haushalt als auch über die Steuerproblematik sprechen. Mehrere Vertreter der Koalition betonten aber, daß die Koalition nicht in Gefahr sei. FDP-Fraktionschef Herrmann Otto Solms sieht nach eigener Aussage keine Alternative zur Koalition mit CDU und CSU. Eine grundlegende Reform der sozialen Sicherungssysteme sei mit der SPD nicht zu machen, sagte er gestern im Norddeutschen Rundfunk (NDR).

Auch SPD-Bundesgeschäftsführer Franz Müntefering und Niedersachsens Ministerpräsident Gerhard Schröder (SPD) lehnen eine Große Koalition mit der CDU ab. „Es ist nicht unsere Aufgabe, den Misthaufen zu parfümieren, der da hinterlassen wird“, sagte Müntefering im WDR. Schröder erklärte im NDR, die SPD wolle einen Politikwechsel, und dazu brauche man einen Machtwechsel. Schröder forderte Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) auf, den Weg für Neuwahlen frei zu machen. Das Problem der Kanzlerkandidatur würde die SPD „blitzartig“ lösen.

Wahlen vor dem regulären Termin im Herbst 1998 sind nach den Worten Münteferings jedoch wenig wahrscheinlich. Die, die jetzt regierten, wollten nicht Platz machen.

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