■ Standbild: „Wo ist der Köter?“
„ARD-Sportgala '93“, Sonntag, 20.15 Uhr
„Was“, fragte Rubenbauer, miserabel frisiert, den allerersten Schwimmlehrer von Franziska van Almsick, „hat sich abgespielt, als Sie das erste Mal ins Wasser gegangen sind?“ Und „wann Heike“, wollte er von Frau Henkel wissen, weil das sich „die ganze Nation“ frage, „ist es soweit?“ Und wie, Tennisspieler Stich, „war das mit dem Lieblingsgericht Ihrer Mutter? Haben Sie es schon gegessen?“
Oje! War es schon wieder soweit? Blieb uns denn nichts erspart, nicht einmal „die Qual“, wie die Nebenmoderatorin unerwartet ehrlich bekannte, aus dieser ganzen Sportlerplage die Allerunsympathischsten herauszufinden?
Na, was war das aber wieder für ein Jahr, Freunde! Das Wichtigste: Tennistrainer Pilić stand zum allerersten Mal seit zwanzig Jahren nicht um 7.30 Uhr auf. Niki (erschüttert): „Ich wurde erst 10 vor 10 geweckt.“ Ein Herr namens Rehhagel mußte gestehen, daß ihn ein gewisser „Franz“ bisher „nur zum Golfspielen eingeladen“ habe. Von Herrn Meier wollte man wissen, wann sein Sperma eine Eizelle zu finden gedächte. Der überforderte Zehnkämpfer mochte das aber „nicht alleine entscheiden“. Dafür hoffte Frau Graf (in Buenos Aires), „daß es nächstes Jahr klappt“. Eine informelle, verschlüsselte Nachricht gab Heike Drechsler durch: „Er-liebt-seine- Eisenbahn-über-alles.“ Franzi (15) mochte dazu verständlicherweise „nicht viel sagen“. Zumindest nicht, „solange nichts bewiesen ist“.
In der Folge wurde ohne größeren Zusammenhang mehrmals Bild am Sonntag gesagt und „zum Ortstarif“ ein „tolles Auto“ gewonnen. Dagmar Berghoff erwähnte, daß die Handballerinnen „Damen“ seien, was sie „besonders“ freue. Eine unbescholtene Bürgerin wurde telefonisch terrorisiert und mußte „juhu“ sagen. Und Rubenbauer log, es habe da einmal einen Moment gegeben, da habe auch er „gerne geschwiegen“.
Dann aber kam die Sportlerin des Jahres: J-E-S-S-I-C-A. Ihre nun wirklich unglaubliche Leistung, Jess? „Ich liebe ihn“, schauspielerte die Blonde unbegabt wie eh und je. Dann wurde der „Hund des Jahres“ aufgerufen, der zufällig Jessica gehört: „Wo ist der Köter?“ Da war Jessica auch schon eingeschnappt, und ihr Stich mußte sagen: „Böser Schnitzer!“ Erst als alles vorbei war, sagte Franzi kühl: „An solche Sachen gewöhnt man sich relativ schnell.“ Peter Unfried
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen