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Archiv-Artikel

Wo genau liegt Waldau?

25.000 Kinder sind nicht genug: Obwohl mit guten Weihnachtsmärchen gestartet, müssen die neuen Waldau-Betreiber noch kräftig strampeln

Verden freut sich: Ingrid Waldau – die Tochter! – hat sich fürs Exil entschieden

Bremen taz ■ Herr Marth hat einen schweren Start: Der neue Betreiber des von Alt-Intendant Michael Derda gegen die Wand gefahrenen Waldau-Theaters musste in seinen ersten 100 Tagen bereits Widrigkeiten aller Art überwinden: Vom Wasserrohrbruch über einen echten Einbruch bis hin zum falschen Feueralarm. Letzteren allerdings hatte ein Techniker zu verantworten, der in Vorbereitung der Rumpelstilzchen-Premiere mit Rauchtabletten experimentierte.

Und dann gab es auch noch den Streit um die lukrativen Waldau-Weihnachtsmärchen. Die Bremer Musical Company (BMC) hatte die allgemeine Verunsicherung über den Fortbestand des Waldau genutzt und unter dem gut eingeführten Namen eine eigene Produktion in der Verdener Stadthalle beworben – also kräftig im vorweihnachtlichen Schulenpool gefischt. Dort wurde die BMC mittlerweile allerdings selbst abserviert: Ein gemeinnütziger Verein namens „Waldau-Ensemble Theater in Verden“ hat einen exklusiven Kooperationsvertrag über 140 Stadthallen-Aufführungen geschlossen. Bitter wiederum für Klaus Marth und seine Frau Susanne: Mit der Schlagzeile „Unser schönes Waldau-Theater zieht nach Verden“ „informierte“ die Bremer Bild-Ausgabe, dass das Waldau „statt in Walle“ nun in der Nachbarstadt seinen Sitz habe. Der Weser-Kurier berichtete sinnentsprechend. Erklärtes Ziel der Truppe um drei ehemalige Waldau-SchauspielerInnen ist, das „alte“ Publikum aus Bremen nachzuholen. Größter Trumpf ist dabei die Mitwirkung von Ingrid Waldau, Tochter des Theatergründers Ernst und von der Verdener Presse gern als „Seele“ und Trägerin der Waldautradition reklamiert. In Walle war sie eigentlich als Mudder Mews für die erste Plattdeutsch-Premiere im gleichnamigen Niederdeutsch-Klassiker vorgesehen.

Immerhin 25.000 Kinder hatten die Marths dann doch bei „Schatzinsel“ und „Rumpelstilzchen“ im Haus, die Erwachsenen-Abos sind bei 550 angekommen. Das alte Waldau – gefördert mit jährlich 800.000 Euro aus dem Kulturressort – konnte nach eigenen Angaben auf fast 750 Abonenten zählen.

Seit der Insolvenz fließt kein öffentliches Geld mehr in die Waller Spielstätte, nach Auskunft des Kulturressorts ist auch künftig keine institutionelle Förderung beabsichtigt. Um alleine durchzuhalten, muss Marth bis Juli, wenn seine erste (verkürzte) Spielzeit endet, 500.000 Euro erwirtschaftet haben.

Ein festes Ensemble? „Im Moment undenkbar“, sagt Marth, die Stück-Honorare für die 14 SchauspielerInnen zusammen zu kriegen sei schwierig genug. Wenigstens muss er wohl nicht befürchten, wegen der Gläubiger-Forderungen gegenüber der alten Waldau GmbH vor die Tür gesetzt zu werden, obwohl sein Vertrag vorerst nur bis Oktober 2006 gilt. Zwar ist das Gebäude Teil der Insolvenzmasse und steht damit zum Verkauf. Eine nicht-kulturelle Nutzung gilt wegen der sonst erforderlichen Umbauinvestitionen aber als extrem unwahrscheinlich und Marth insofern – wenn er durchhält – als langfristiger Nutzer.

Die Schulden der alten Waldau GmbH – dem Vernehmen nach ursprünglich rund eine Million Euro – stottert der Insolvenzverwalter bislang mit Hilfe der Mieten ab. Neben Marth, der monatlich eine fünfstellige Summe zahlt, sitzen auch die Kammerphilharmonie und neuerdings „Shakespeare & Partner“ (Norbert Kentrup und Dagmar Papula) im Haus. Henning Bleyl