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Geht’s noch?Wo die Unbeteiligten tanzen

Beim Bundespresseball scherzt man über Mittelmeerflüchtlinge. Darf Satire das? Stellen wir die Geschmacksfrage!

Es gab diese Woche wieder einmal eine Kontroverse darüber, was Satire darf – und sie hatte rein gar nichts mit der neuen Charlie-Hebdo-Ausgabe auf Deutsch zu tun. Sondern mit einem Tanztee für Politik und Hauptstadtjournaille. Im „Almanach“ des Bundespresseballs, einem spöttischen Heftchen, das jedes Jahr zum wichtigsten Gesellschaftsevent in Berliner Journalistenkreisen erscheint, hat man sich dieses Jahr an ertrunkenen Menschen im Mittelmeer abgearbeitet.

Zu sehen ist dort eine Mittelmeerkarte, neben der Schwimmkurse für Flüchtlinge angeboten werden: ­„Vorschul-Flüchtlingsschwimmen (ab 3 Jahre)“, dazu gehört „Springen vom Schlauchbootrand und Atemtechniken bei Nacht und Kälte“. Empörung darüber gab es jede Menge. Aber auch Verteidigung. Die „Almanach“-Redaktion erklärte lakonisch, das Stück solle ja auch nicht gefallen. Vlogger Tilo Jung sprang ihnen zur Seite: Satire sei eben „Geschmackssache“. Okay, dann reden wir über Geschmack.

Satire sollte natürlich auch das Schreckliche aufarbeiten können. Man stelle sich vor, jemand flüchtet, überquert das Mittelmeer auf einem Boot, entgeht dabei knapp dem Tod, schlägt in Deutschland auf und schreibt über seine Erfahrung diese „Schwimmschulen“-Satire. Ein starker Akt – und ein unangenehmer Spiegel, der damit der satten deutschen Mehrheitsgesellschaft vorgehalten würde.

Da es aber nicht so ist, sondern der Bundespresseball ein Stelldichein der Elite ist, in Frack und Perlen, wo Bundespräsident Gauck mit Bundespressekonferenzvorsitzendengattin Sonja Mayntz walzert. Auf dessen Website der Tipp steht, die Damen mögen doch beim Tanzen den Herren die Führung überlassen.

Bei Satire geht es eben leider nicht nur ums Was, sondern auch ums Wer. Im vorliegenden Fall sprechen die Unbeteiligten. Diejenigen, die das Mit­telmeer entspannt überfliegen könnten. Die sich darin gefallen, mit dieser Satire unbequem und edgy rüberzukommen. Und da dies so ist, handelt es sich einfach nur um schlechten Geschmack.

Und was darf jetzt noch mal Satire? Ganze einfach: Sie darf alles. Sie darf auch ganz tief nach unten treten. Dass das der Satire insgesamt aber gut steht, ist zu bezweifeln.

Peter Weissenburger

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